Aktivismus, Poesie, Familie, Musik…
In meinem Leben gibt es zwei große Pfade, die sich nicht voneinander trennen lassen: der eine ist der soziale und kulturelle Aktivismus, der andere die Poesie.
Ausgehend von diesen Grundlagen, erschaffe ich mir meine Welt. Ich bin Teil eines künstlerischen und sozialen Kollektivs, das es mir teilweise ermöglicht, beide Pfade gemeinsam zu verfolgen, aber gleichzeitig und in bestimmten Momenten prallen sie in mir aufeinander: das Öffentliche und das Private.
Mit dem Kollektiv Yonofui praktiziere ich sozialen Aktivismus. Wir arbeiten mit Frauen in Gefängnissen, kooperieren mit anderen sozialen Organisationen und staatlichen Einrichtungen, um einen Politikwechsel herbeizuführen. Beispielsweise in Bezug auf Hausarrest, die „Allgemeine Zuwendung für das Kind“ (eine im Jahr 2009 in Argentinien eingeführte Form von Kindergeld für Mittellose, Anm. d. Ü.), den Zugang zum Arbeitsmarkt, die Gesundheit usw.
Es geht darum, ein neues politisches und kulturelles Bewusstsein zu erschaffen.
In den Gefängnissen koordiniere ich Werkstätten zu Poesie und eine zu Briefliteratur, und wir realisieren viele Kunstprojekte, Ausstellungen, wir publizieren Bücher, Platten und Fanzines. In einem Monat wird das dritte Poesiefestival in einer Haftanstalt stattfinden, an dem um die 20 geladene Dichter, Musiker und eine große Menge von Menschen teilnehmen und einen Tag mit Poesie in der Einheit 31 von Ezeiza (ein Frauengefängnis in Buenos Aires, Anm. d. Ü.) verbringen werden.
Auf der anderen Seite ist der Ort, an dem wir arbeiten, ein zurückgewonnener Raum, eine nachbarschaftliche Versammlung, die inmitten der Krise im Jahr 2001 entstanden ist und zur Zeit mit der Stadtverwaltung im Konflikt steht, die kulturelle, gemeinschaftlich genutzte Räume zerstören möchten. Auch hier, als Mitglied dieses Kollektivs, das das Kulturzentrum Bonpland bildet, nehme ich aktiv an Aktionen teil, um diese Freiräume zu schützen.
Und manchmal erschweren all diese Aktivitäten den stillen Akt der Poesie. Man surft durch die Sitzungen, die dringenden Notwendigkeiten, mit denen wir es zu tun haben, mit den ewigen Reisen zu den Haftanstalten, um jene so zufriedenstellenden Momente zu finden, die uns das Schreiben schenkt.
Vielleicht ist es deshalb so, dass meine Poesie von diesen Konflikten durchzogen ist, von diesen Realitäten, die Teil meines alltäglichen Lebens sind. Wenn ich darüber nachdenke, was das Wichtigste in meinem Leben ist, ob der Aktivismus oder die Poesie, so fällt mir die Entscheidung schwer. Für mich gehören sie zusammen, und nicht, weil ich der Ansicht bin, dass es für alle so sein sollte. Ich glaube nicht, dass der Künstler dazu verpflichtet ist, sich in sozialen Konflikten zu engagieren, und nichts dergleichen. Das ist, was allein mit mir geschieht und es hat mit meiner persönlichen Geschichte zu tun, mit meinen Entscheidungen.
Ich genieße es auch sehr, Projekte ins Leben zu rufen, die sich mit Poesie, mit Kunst beschäftigen, und so entstand Voy a Salir y si me Hiere un Rayo (Ich gehe raus und wenn mich ein Blitz trifft), ein kleiner Verlag für Poesie und ein Literaturvertrieb, der entstand, um den Produktionen unabhängiger Verlage größere Sichtbarkeit zu verschaffen und sie in Umlauf zu bringen. In diesen Tagen werden wir, gemeinsam mit ein paar Freunden, die eine sehr alte und wunderschöne Druckerpresse haben, eine Reihe von Poesieblättchen herausbringen. Wir ließen uns auf dieses Projekt, das aus eigener Kraft entstanden ist, ein, und es macht mich glücklich, es erfüllt mich mit einer freudigen Energie, trotz aller Unbarmherzigkeit dieser Zeiten, solche Projekte und solche Räume künstlerischer Reflexion hervorbringen zu können.
Und, ja, ohne Familie kann man leben, aber ohne die Musik definitiv NICHT!
Und ohne Liebe auch nicht.
Übersetzung: Marcela Knapp