Ich bin eine Blind-Userin. Ich will nichts von den Gefahren des gläsernen Menschen wissen, sobald ich mich bloggend, postend oder sonst wie im Netz bewege. Ich bin eine Autorin, die eh jeden schriftlichen Ausdruck, den sie tätigt, als nicht völlig zu ihrem Selbst gehörig betrachten kann, sondern immer schon als das, was sie betreibt, um von sich weg zu kommen, um Distanz zu nehmen, um ihr Selbst einmal von außen betrachten zu können, in Formalin, oder unter dem Elektronenmikroskop. Mit Befremden wie völliger Naivität schlage ich daher jede Warnung in den Wind, vornehmlich von Kollegen, die mich dazu bewegen wollen, sich doch um Privatsphäre wie Berufsethos willen auf solchen Plattformen nicht rumzutreiben, und, wenn schon, immer bedeckt zu halten mit jeglicher Äußerung, die eines Tages, sobald sie eben schriftlich im Netz festgehalten wurde, doch zwangsläufig gegen einen verwandt werden könne, ja, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlachtet, verhökert und in letzter Konsequenz gegen einen selbst gerichtet wird.
Dass es dafür meist überhaupt keiner eigenen Äußerung bedarf, sondern, dass schon Josef K. einfach nur verleumdet werden musste, um ihm den Prozess zu machen und dass sich ein Grund immer finden lässt und immer gefunden wurde in der Menschheitsgeschichte, wollte man sich unliebsamer Personen wie ganzer Völker entledigen, scheint dabei irrelevant. Nein, man ist, wenn schon, seines eigenen Unglückes Schmied gewesen und das mittels Blogs und Facebook um so mehr, so viel steht fest. Man möge doch bitte nicht so bereitwillig und nichtssagend über sich Auskunft erteilen. Wenngleich jede Nichtigkeit eines Andy Warhols mit Interesse und Neugier gern gelesen wurde und dem Nöler aus Vechta, Rolf Dieter Brinkmann, bis heute noch jeder zweite Autor bereitwillig durch falsch verrechnetes Flaschenpfand, Künstlerlandverschickung und Rom, Blicke nachstiefelt. So viel spießige Künstlerlarmoyanz wurde selten danach wieder verfasst. Vielleicht habe ich es auch immer schon als einen Akt des Trotzes wie der Befreiung gesehen, Schnüfflern zuvor zu kommen und den nichtssagenden Nebenäußerungen nicht weniger Bedeutung beigemessen, als den vielsagenden Werken, auch wenn man nicht Warhola heißt und sich über falsch verrechnetes Pfand trotzdem nie so wird echauffieren können wie Rolf Dieter Brinkmann es konnte. Ich bin die Queen des Nebenschauplatzes, immer schon gewesen, und eine glühende Befürworterin der Ablenkung. So gesehen kam mir Facebook entgegen, aber ich trat ihm aus einem profan erscheinenden, doch mir einzig wichtigem Grund bei. Ich wollte Kontakt zu jemandem, zu dem ich eigentlich nicht wusste, wie ich Kontakt wiederherstellen und halten sollte, es gab erst mal keine Schnittmenge zwischen uns, die mir irgendwie groß genug schien, um beiläufig Kontakt zu halten. Und manchmal ist es ja durchaus so, dass man Houston sein Anliegen nicht wirklich vermitteln kann. Facebook war die Ground Control, die da Teilhabe möglich machte und Einblicke gewährt. Viel mehr hab ich eigentlich nicht von Facebook gewollt, und ob ich mehr bekommen habe? Ja, schon, aber darauf kams mir gar nicht an. Natürlich habe ich dann auch alle Facebookuserfehler gemacht, die man machen kann, alle meinem Beruf irgendwie Assoziierte befreundet, die anfragten, und bis heute nicht so wirklich den Ordnungssinn aufgebracht, Listen anzulegen und in liebsam und unliebsam getrennt. Allerdings bin ich mit Freundschaftsanfragen vorsichtiger geworden, nicht zu vorsichtig, denn, wie sagte es ein guter Freund aus dem richtig echten Leben, den ich viel zu selten sehe, wie ich meine Freunde, seit ich zu oft in Sao Paulo lebe, eh zu selten sehe: No risk, no fun. Und mir scheint, ab und an muss man seine Freiheit etwas in Gefahr bringen, um sie lustvoll zu spüren. Vorsicht allein war nie der beste Freund der Freiheit, das gilt wohl auch für Facebook, allen berechtigten Bundestagsdebatten zum Trotz.
Freiheit und Risiko ist das Eine aber seine privaten Daten an Konzerne zu verschwenden etwas anderes. Damit lehnt man sich nicht verspielt aus dem Fenster, anderen Menschen entgegen, sondern schaut in ein tiefes Loch in dem nichts menschliches jemals gewesen ist.
SpanDeutsch (Natalia)
Libertad y riesgo son una cosa, pero despilfarrar sus datos privados en los grandes consorcios es otra. Con eso uno no se está asomando juguetón a la ventana, hacia otras personas, sino que está mirando un hueco profundo en el que nunca hubo nada humano.
Ich fürchte mich nur vor völlig anderen Dingen, als ein paar lausige Daten über mich, wo immer die auch liegen. Sonst schriebe ich auch nicht hier. Das liegt wohl auch daran, dass ich wo lebe, wo die Bedrohungen leicht ganz andere werden können und wenig virtuell sind. Da ist die Angst eines Tages in eine Knarre zu blicken berechtigter, als eine diffuse Missbrauchsfurcht von Daten. Da werden Handys und Kreditkarten geklont, da werden über Telefon Entführungen vorgegaukelt, aber ein paar Musikvideos und belanglose Postings interessieren keinen Menschen. Der Big Brother hat viele kriminelle Brüder und Dr. No muss seine Katze füttern, vor virtuell auktorialen Mächten kann ich bislang nicht erzittern. Vielleicht ist das ein Sport für Leute in gesicherteren Verhältnissen, mag sein.
SpanDeutsch (Natalia)
Yo le temo a cosas totalmente distintas que a un par de datos ridículos sobre mí, dónde sea que estén. De lo contrario no escribiría aquí. Esto se debe a que vivo, donde las amenazas simplemente pueden ser totalmente distintas y menos virtuales. Allí es el miedo de un día mirar directamente una pistola más justificado, que el difuso temor al abuso de información privada. Allí se clonean móviles y tarjetas de crédito, allí te hacen creer por teléfono que alguien esta secuestrado, pero un par de videos de música o postings irrelevantes no le interesan a nadie. El big brother tiene muchos hermanos criminales y Dr. No tiene que alimentar su gato, los poderes virtuales omniscientes no me han hecho hasta ahora temblar. Tal vez es ese un deporte para gente en condiciones con más seguridad, puede ser.