Jemand schrieb einmal, dass Gott den Menschen erschaffen habe, damit er Geschichten erfindet. Und in logischer Konsequenz war Gott der Protagonist der ersten Geschichte, die der Mensch entwarf: die Schöpfung der Welt. Wie Ortega y Gasset sagte: Die Geschichte versucht nicht zu erklären, sondern zu verstehen. Sie muss erzählt und miteinander geteilt werden, um zu existieren. Ohne dies vergeht das Leben wie eine langsame karge atemberaubende regnerische anstrengende bezaubernde und belanglose Landschaft auf einer Busreise durch die Provinzen. Wir hätten nichts weiter zu feiern als die Gegenwart selbst. Es gäbe weder Feiertage noch Geburtstage, weder Lieder, die uns deshalb zum Weinen bringen, weil sich zu erinnern bedeutet, Ereignisse erneut zu erleben, noch würde ein Mann 200 Hot Dogs in 10 Minuten essen, um ins Guiness-Buch der Rekorde zu kommen. Insofern kann man sagen, dass die Geschichte der Welt ebenso wichtig ist wie ihre Erzählung. Alle, die wir die Gabe der Erinnerung haben, sind ihre Träger seit wir, sei es aus strenger Berufung oder punkigem Widerstand heraus, Teil einer Nation, eines Traums oder Erzählung sind. Und es ist ratsam, sie verantwortungsbewusst, präzise und unterhaltsam weiterzugeben. Eben dies ist eine der Missionen der Superdemokraten.
Vergessen Sie nicht, dass wir sie beeinflussen können; das universelle Dokument ist geöffnet, verändern Sie es (zum Besseren) und speichern Sie die Änderungen.
Das heißt, dass sich die Geschichte aus Millionen und Abermillionen Geschichten zusammensetzt, die sich in einem konstanten Fluss befinden und es wäre fabelhaft demokratisch, wenn jeder Bürger sein Tagebuch oder sein Evangelium aufschreiben würde, um hierdurch zur Erzählung der Gesellschaft beizutragen, so wie auch unsere Steuern zusammen ein Ganzes ergeben.
Auf der anderen Seite haben wir, die Schriftsteller, Komiker und Dichter, das Recht, uns die Geschichte anzueignen und sie neu zu interpretieren. Wir dürfen die Wirklichkeit wie ein populäres und außergewöhnliches Lied verstehen, das wir covern und es damit noch übertreffen. Andere dürfen das nicht und sie wissen selber, wer sie sind.
Das alles ist wichtig für mich, weil ich ein ganz gewöhnliches, lästiges Mädchen war, das immer nach allem fragte: Wie? Wo? Warum? Wann? Und warum nicht? Heute ist es noch immer so, aber es findet hauptsächlich in meinem Kopf statt.
Übersetzung: Marcela Knapp
Hola Tilsa,
Me gusta tu escritura, el espíritu que le trasmites al artículo, sin tener un estilo rimbombante o intentar la originalidad, tus textos salen muy auténticos.
Un dato relacionado con los diarios ciudadanos hipotéticos que mencionas: en Mexico, por el Bicentenario, se convocó a personas a contar sus experiencias en torno a la Revolución Mexicana… Los resultados fueron inusuales, atrevidos, contestatarios de la versión oficial. Los historiadores tienen una doble posición al respecto: están asombrados y aterrorizados.
Spandeutsch (Marcela):
„Hallo Tilsa,
es gefällt mir, wie du schreibst, das Gefühl, das du durch den Text vermittelst, ohne einen pompösen Schreibstil oder indem du Originalität vortäuschst, erscheinen deine Texte sehr authentisch.
Hier noch eine Information in Bezug auf die hypothetischen Bürgertagebücher, von denen du sprichst: zum 200. Jubiläum Mexikos wurden verschiedene Menschen aufgerufen, ihre Erfahrungen mit der mexikanischen Revolution zu erzählen. Die Ergebnisse waren ungewöhnlich, mutig, der offiziellen Version entgegengesetzt. Die Historiker haben diesbezüglich eine doppelte Position inne: sie sind überrascht und erschrocken.“
Querida Tilsa:
eres exacta: la Historia ha de ser contada. Aplaudo esta frase y celebro más el hecho de que se cumpla. Tenemos tantas citas con la Historia y faltamos a tantas que llega el momento en el somos arrogantes y descreídos. Tu texto sirve para situarnos, para devolvernos a lo que somos y a lo que peleamos: ocupar una mísera página de la Historia y abogar a nuestro más grande derecho: DESAPARECER. Un abrazote norteño.
Spandeutsch (Marcela):
„Liebe Tilsa,
das ist korrekt: die Geschichte muss erzählt werden. Ich applaudiere diesem Satz und zelebriere es, dass sie in Erfüllung geht. Wir haben so viele Verabredungen mit der Geschichte und wir halten so viele von ihnen nicht ein, dass der Moment kommt, in dem wir arrogant und ungläubig sind. Dein Text platziert uns, um uns dem zurückzugeben, was wir sind und um was wir uns streiten: eine armselige Seite der Geschichte zu besetzen und unser größtes Recht zu verteidigen: ZU VERSCHWINDEN. Eine dicke Umarmung aus dem Norden.“
Querida Tilsa:
eres exacta: la Historia ha de ser contada. Aplaudo esta frase y celebro más el hecho de que se cumpla. Tenemos tantas citas con la Historia y faltamos a tantas que llega el momento en el que somos arrogantes y descreídos. Tu texto sirve para situarnos, para devolvernos a lo que somos y a lo que peleamos: ocupar una mísera página de la Historia y abogar a nuestro más grande derecho: DESAPARECER. Un abrazote norteño.
Tilsa: me gusta mucho eso de la estrategia del cover aplicada la historia: versiones de versiones que nunca serán la definitiva pero a veces mucho más interesantes, atinadas, insospechadas, acertivas, sugerentes, que la versión original o el cuento oficial…. Sí, me gusta eso de reinterpretar la historia según las necesidades del presente. Abrazos.
Spandeutsch (Marcela):
„Tilsa, die Strategie mit dem Cover, das auf die Geschichte angewendet wird, gefällt mir sehr: Versionen von Versionen, die niemals endgültig sein werden, aber manchmal viel interessanter, richtiger, unerwarteter, treffender, anregender als die originäre Version oder die offizielle Geschichte… Ja, es gefällt mir, die Geschichte nach unseren gegenwärtigen Notwendigkeiten zu re-interpretieren. Eine Umarmung.“
¿Qué puedo decir que no sea redundante? La explicación es clara y contundente. Para aportar algo significativo (y no literario, je), les recmendaría a todos los que disfrutaron (y disfrutarán) este texto, que no se pierdan la película „Mysterious Object at Noon“ (2000) del reciente ganador de la palma de oro de Cannes, Apichatpong Weerasethakul. Se trata de un magnífico documental experimental en el que el director (sin guión ni tema específico) se dedica a recorrer toda Tailandia poniéndole su cámara en el rostro a todo tipo de ciudadadnos con los que se cruza para que cada uno le cuente una historia, la que más le guste. Este conjunto de relatos da forma a un inmenso, extraño e increiblemente mágico cadáver exquisito que termina enlazando las historias de todos casi sin querer queriendo.
Spandeutsch (Marcela):
„Was könnte ich sagen, was nicht redundant wäre? Die Erklärung ist klar und überzeugend. Um etwas Bedeutsames (und nicht Literarisches) beizutragen, würde ich gerne all jenen, die diesen Text genossen haben (und genießen werden), folgenden Film empfehlen: „Mysterious Object at Noon“ (2000) des Gewinners der Goldenen Palme in Cannes 2010, Apichatpong Weerasethakul. Es handelt sich um einen großartigen, experimentellen Dokumentarfilm, in dem der Regisseur (ohne Drehbuch oder spezifisches Thema) Thailand bereist und allen möglichen Bürgern, die ihm über den Weg laufen, die Kamera vor das Gesicht hält, damit sie ihm eine Geschichte, die ihnen am meisten gefällt, erzählen. Dieses Ensemble von Erzählungen bildet einen umwerfend guten, ungewöhnlichen, ausgezeichneten und unglaublich magischen Körper, der die Geschichten aller fast ohne es zu wollen miteinander verknüpft.“