Man könnte denken, in Deutschland läuft es in Sachen Gleichberechtigung der Geschlechter seit 100 Jahren super: Seit 1919 dürfen Frauen wählen, seit 1973 darf ein Ehemann seiner Frau nicht mehr verbieten zu arbeiten, seit 1992 ist Vergewaltigung in der Ehe strafbar, seit 1995 wird Abtreibung nicht mehr gesetzlich verboten und heute sind 25 Prozent der öffentlichen leitenden Stellen von Frauen besetzt.
Doch finden es immer noch nicht nicht alle super, wenn Geschlechter gleiche Rechte und Chancen haben. Nachdem sich Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, welche ja auch dieses Blog fördert, auf dem Genderkongress in Berlin Ende Oktober 2010 öffentlich in seiner Rede dafür einsetzte, „das Prinzip des Gender Mainstreaming als zentrale Dimension aller gesellschaftlichen und politischen Bereiche umzusetzen“, hat der Bund Deutscher Katholiken seinen sofortigen Rücktritt verlangt. Der Vorwurf lautete: Krüger vertrete Theorien, „die das Wesen des Menschen zerstören, der seiner Natur gemäß unverwechselbar Mann oder Frau ist“.
Diese Forderung samt Vorwurf ist absurd. Erstens ist Gender Mainstreaming bereits seit einem Beschluss vom 23. Juni 1999 ein politisches Querschnittsziel in Deutschland. Die Regierung informiert über das Thema auf einer eigenen Webseite und weist darauf hin, dass es „keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt“. Gender Mainstreaming bedeutet, so die offizielle Definition, bei allen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen. Es geht also nicht darum, die Kategorie Geschlecht aufzuheben, sondern genau hinzuschauen, wie aus Geschlechterzuschreibungen gesellschaftliche Rollen erwachsen, darum, nicht schwarz und weiß zu denken, rechts und links, gut und böse, sondern, wie im Logo der Superdemokraticos, dritte und mehr Farben zu sehen und mitzudenken. Die Realität ist vielfältiger und komplizierter als erz-katholisch oder nicht-katholisch. Katholisch-sein kann nicht bedeuten, die Realität zu ignorieren, oder? Zumal die katholische Kirche, was die geschlechtlichen Beziehungen einiger seiner Vertreter angeht, selbst einige Leichen im Keller liegen hat und dort mal lieber aufräumen sollte.
Zweitens verfolgt keine Genderdiskussion das Ziel, das Wesen des Menschen zu zerstören, ganz im Gegenteil. Es geht eher darum, die Vielfalt der Welt zu sehen und anzuerkennen, also, wenn ich in religiösen Begriffen sprechen darf, die Vielfalt der Schöpfung zu verehren. Der Bund Deutscher Katholiken, der sich 2000 gegründet hat, um das Land im Sinne des Katholischen Katechismus neu zu evangelisieren, gibt sich als Hoffnungsbringer. In der Selbstdarstellung heißt es: „Heute geht es darum, die Resignation und Müdigkeit, die auf unserem Land liegt und jeden Neuaufbruch erstickt, zu überwinden und der Hoffnung wieder Raum zu geben.“
Hoffnung liegt, meines Erachtens, aber nicht darin, die politische Bildung zu einem Schauplatz parteipolitischer Interessen zu machen (CDU/CSU versus SPD) und philosophische, politische, gesellschaftliche und religiöse Identitätsdiskurse von zweihundert Jahren zu ignorieren. Hoffnung liegt darin, dass nicht immer alle einer Meinung sind; denn so ist das nun mal in der Demokratie. Hoffnung liegt auch darin, dass es eine Institution für politische Bildung gibt, die junge, aktuelle Debatten über Politik und die Welt unterstützt, etwa auf dem Genderkongress oder hier, auf Los Superdemokraticos: 20 Autorinnen und Autoren haben unter anderem darüber nachgedacht, welche Rolle Körper, Körperkonstruktionen und Körperlichkeit in den jeweils subjektiven politischen Zusammenhängen in Europa und Lateinamerika spielen. Wir sind uns in einem neutralen Raum, dem Netz, als körperlose digitale Wesen begegnet. Wenn Gott die Welt erschaffen hat, hat er auch Debatten im Internet erschaffen. Danke, Gott, Danke Internet.
Wir bloggen weiter. Amen.
Creo que una de las cosas que más me gustan de vivir en Alemania es que como mujer gozo de libertades que en mi país no son sobreentendidas. Me gusta que mis amigos homosexuales puedan vivir libremente su amor, me gusta creer que todos tienen y deben buscar una definición para sí mismos. Ser Rery o ser Pedro, no significa ser hombre o mujer solamente. Una esperanza que no defienda la posibilidad del amor, no es esperanza.
si todos compartieramos una idea sola no habría esperanza, sería lo primero en agotarse.
excelente artículo nikola.
valga decir que detrás de todo hombre mirando el culo de una mujer exitosa estaremos nosotr@s observando con conciencia.
Amen
Sí, eso, Tilsa, gracias! Avancan l@s observador@s! Y la variedad de la vida.