Seit ich umgezogen bin, habe ich Baulärm vor meiner Haustür. In der Mittagszeit muss ich über Bauarbeiter steigen um in meine Wohnung zu kommen. Es wird gebaut. Aber nicht irgendwas, sondern so genannte Torres (Türme), das sind Hochhäuser für Gutbetuchte. Nun gut, ich wohne nicht im billigsten Viertel der Stadt. Es ist die Zone Rosa der Stadt, in der sich Bars aneinanderreihen und auf deren Hauptachse, die Avenida Chapultepec, Flohmärkte und samstags Konzerte stattfinden. Gleichzeitig ist es auch ein altes Viertels, bestehend aus vielen Kolonialhäusern und Häusern aus dem Beginn der Landflucht in Mexiko. In Berlin würde das Viertel wohl Kreuzberg heißen. Eine Mischung aus alternativer Kultur, ein bestimmtes Bewusstsein, aber gleichzeitiger Mittel- und Oberschicht. Ein Pluspunkt bisher war jedoch, dass es keine Shopping Mall gab und auch keine riesigen Prachtbauten, die in anderen Stadtteilen Guadalajaras überhand nehmen. Das soll sich jetzt leider ändern. Genau gegenüber von mir, sollen Leute einziehen, die sich 2,5 Mio. Pesos für den Kauf einer Wohnung leisten können. Der Mindestlohn liegt bei 45 Pesos pro Tag! Über 200 Appartements sollen entstehen und was da noch auf die Nachbarschaft zukommt, zeigte sich vor einigen Wochen. Als ich eines Tages nach Hause kam, sah ich Unmengen von Menschen, Sekretärinnen herumsitzen, Funktionäre vom Bauministerium und Umzugswagen. Kurz zuvor wurde auf der Baustelle ein Riesenloch ausgehoben, um die schönen und bequemen Tiefgaragen zu bauen. Allerdings hat man da wohl nicht so sehr auf die Statik geachtet und die Wand der angrenzenden Häusern brach zusammen, so dass bei einem Haus mehrere Zimmer fehlten und die Computer und Aktenordner des Büros im Loch verschwunden. Zum Glück aller kam n iemand zu schaden. Später durfte ich dann erfahren, dass es keine Entschädigungszahlungen geben wird. In Mexiko zählt immer noch, wer mehr Geld und einen besseren (das heißt vernetzten) Anwalt hat. Einige Tage danach gab es eine kleine Zusammenkunft in meiner Wohnung und ein Freund Erzählte mir, dass er erfahren hatte, dass bei der Planung wohl nicht an die Wasserversorgung gedacht wurde und, dass wenn der Turm fertig ist, die angrenzenden Wohnungen Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung haben werden. Das sind schöne Aussichten. Gated Communities sind nichts Neues in Mexiko und schon gar nicht in Guadalajara. Aber das sie jetzt ins Zentrum rücken, ist kein schönes Signal. Man kann nur hoffen, dass es nicht ganz so schlimm wird. Aber sicher ist das nicht. Nur die Zukunft kann sagen, ob sich das schöne Flair verändern wird oder die Bonzensiedlung nur ein Fremdkörper bleibt.