Quando paramucho mi amore de felice corazon

Mariannenplatz, Xberg. Foto: RH.

Mariannenplatz, Kreuzberg. Foto: RH

Erster Traum: Ich werde gekeult. Ich werde geschlagen, mit Fleischstücken, jemand holt aus, ich kann nicht erkennen, woher die Schläge kommen, aber die Einschläge werden stärker, ich beginne zu schreien, endlich wache ich auf.

Teilhabe und Realisierung. Teilhabe: Trost und Abspeise, gleichsam die einzige Form von Relativierung, denn das Individuum wird überschätzt, nicht zuletzt von sich selbst. Die Psychologie, die Hirnforschung ist uns weit voraus.

Bitte versorg mich.

Ein schöner Tag in Kreuzberg, ein übervölkerter Stadtteil, zu viele Touristen, zu viele auf Außenwirkung bedachte junge Menschen. In einem Café an der Wiener Straße sitzen wir bei W-Lan. Tätowierte Bedienungen. Sterne auf heller Haut. Die Bierpreise sind gestiegen. In der Süddeutschen Zeitung zwei Seiten von Nicholson Baker, der sich mit Videospielen auseinandersetzt, gut erzählend, wie nebenbei schöne Sätze fallen lassend, wehrlos und konzise, ohne Tendenz. Die Teilhabe. Des Bürgers.

„Ich besuchte einen Stripclub, in dem ein blaues Alien für mich tanzte.“

Die Sonne bleibt draußen. Die Bedienungen lassen eine CD zum zweiten Mal laufen, ein seltsamer Mix, der mit Morrissey anfängt und mit den Flaming Lips aufhört. Ich weiß nicht, ob ich eine Meinung habe. Ich weiß, dass Meinung ein Comeback feiert, auch in meinen Texten, und zwar zu Recht. Andererseits ist Meinung oft hilflos. Wie ich mich als Bürger fühle? Ich weiß es nicht. Ich bin fünfzehn Jahre nicht wählen gegangen. Ich bin gegen die Wehrpflicht. Ich bin für soziale Gerechtigkeit. Für die Bedienung bin ich ein Typ. Es ist der Tag, an dem der Tod von Schlingensief gemeldet wird, einem der letzten, die es mit den alten Mitteln aus Protest und Skandal versucht hat. Am Ende gründete er eine Kirche der Trauer.

Zweiter Traum: Ich sitze mit einer Reisegruppe in einem hohen Gebäude, einer Art alter Fabrik mit mehreren Stockwerken, während das Nebengebäude bombardiert wird. Wir spüren die Einschläge. Wir sehen die Wände wackeln. Einige Steine werden eingedrückt. Staub rieselt von den Mauern. Wir kauern am Boden. Aber unser Gebäude wird nicht getroffen. Als die Bombardements aussetzen, verlassen wir das Gebäude, wir schauen uns die Treffer an, die ausgehöhlten Stockwerke, die skeletthaften Reste der Gemäuer. Wir fragen uns, von wem die Bombardements kamen, es können nur Russen gewesen sein. Wir sind in einer südosteuropäischen Stadt, die Menschen, besonders die Männer, erscheinen herb und fremd, unnahbar, unfreundlich. Wir ziehen mit einem Militärfahrzeug durch die Stadt. Der Himmel ist dunkel. Mir wird ein Koffer und ein Rucksack geklaut, meine gesamte Habe, ich ärgere mich und versuche mich gleichzeitig, mit dem Gedanken an Besitz als Ballast, Besitz als bürgerliche Kategorie, und „Es ist ja nur (unklar:) Materie, Material“ zu trösten. Aber es will nicht recht gelingen. In einem Seitenverschlag sehe ich E., die mit ihrer besten Freundin im Austausch von Zärtlichkeiten (sie lecken sich) steht. Sitzt. Liegt. Ich will weder zuschauen noch mich nähern. Ich will sie eigentlich nicht sehen.

Fuck Solaris, Bus Wannsee, Foto: RH

Solaris. Foto: RH

Nicholson Baker zitiert Konfuzius: „Wer auf Rache aus ist, der grabe zwei Gräber.“ Ich weiß nicht, was ein neuer Ansatz sein könnte. „Bei mir schlagen zwei Herzen in einer Brust, die sich relativ gewaltsam in den Haaren liegen“, sagt Judith Holofernes in einem Interview in einer anderen Zeitung. Zwei Herzen liegen sich in den Haaren. Am Ende verliert eines der Herzen den Kopf. Wir entscheiden uns für die Sonne. Wir haben Angst vorm Älterwerden. Die Zeichen der Jugend bedeuten uns nichts.

Im dritten Traum treffe ich sie doch. Sie ist merklich fülliger geworden, besonders ihr Gesicht. Sie nähert sich gleich an, ich spüre inneren Widerstand, muss daran denken, dass sie zwei Kinder hat, die im Allgäu sitzen, und sie mich eventuell nur benutzen möchte. Es wird offensichtlich, dass sie mich zurück will. Sie nähert sich weiter, ich widerstehe noch, dann küsst sie mich. „Ich werde nicht wieder weglaufen“, sagt sie.

3 Kommentare zu 'Quando paramucho mi amore de felice corazon'

  1. Me gustó esta manera de responder la pregunta, o de dejarla sin respuesta.
    Me gustaron las observaciones sobre las frases políticamente inactivas, las que son llamadas en el texto una y otra vez como „indefensas“… ¿Es este un texto „indefenso y conciso“? Creo que no, porque deja muchas dudas sobre la mesa. Pone en acción demasiadas preguntas… Una de ellas, ¿cómo influir hoy sobre el entorno y cómo articular un lenguaje activo dentro de este?

  2. „Hat mich gefallen, deine Art, wie du geantwortet hast bzw. die Fragen offen gelassen hast. Hat mich gefallen deine Ansichten über die politischen inaktiven Sätze, die im Text sich wiederholen und als „hilflos“ bezeichnet werden. … Ist hier ein Text „hilflos und knapp“? Ich glaube nicht, weil lässt viele Fragen auf dem Tisch. Stellt auf einmal zu viele fragen… eine davon: Wie kann man Einfluss auf die Umgebung nehmen und wie stell man ein dynamisches Sprache an?“

  3. Luis Felipe Fabre sagt:

    He traído varios días en la cabeza la frase aquella de: „visité un club strip en el que un alien azul bailaba para mí“: ¡me encanta! Si pudiera te la robaría y la metía en un poema (firmado por mí, claro está, jeje).