Mein Leben unterteilt sich, so wie das vieler Mütter – ich werde, ich wiederhole, nichts Neues sagen – in eine Zeit vor und eine Zeit nach diesem Augenblick, in dem ich das Leuchten dieser Äuglein erblickte. Seitdem erscheint mir jede andere Sache zweitrangig. Ich bin ein besserer Mensch seit diesem Augenblick. Ich bin die Tochter meiner Kinder, weil ich an dem Tag, an dem sie geboren wurden, auch neu geboren wurde und nun miteinander verbunden die Kindheit durchschreiten.
Glücklich darüber, zu bestimmten Spielen zurückzukehren, aber mit der inneren Unruhe, bestimmte Ängste neu zu durchleben. Ich bin ein besserer Mensch, aber dennoch würde ich zum Wohl meiner Kinder ohne Gewissensbisse lügen und töten. Es gefällt mir, in mir kriminelle Gedanken zum Wohl meiner Kinder zu entdecken. Weit entfernt davon, mich schuldig zu fühlen, fühle ich mich vielmehr stark. Ich würde alles ausmerzen, was eine Gefahr für meine Kinder darstellt, angefangen bei kleinen Insekten, über Ekel erregende Kreaturen, aber auch vor menschlichen Wesen würde ich nicht zurückschrecken. Ich bin ein besserer Mensch in einem Sinne jenseits von Gut und Böse.
Ich bin kein Individuum mehr, ich bin nicht unteilbar: Seit diesem Moment der Entbindung bin ich entzweit, ich habe mehrere Herzen, die zur selben Zeit schlagen. Ich bin von keinem Ort, von keinem Vaterland, von keiner Fahne eine Bürgerin. Ich lebe im Dienste zweier kleiner Prinzen von einem anderen Stern, winzige und erhabene Asteroiden. Ich singe ihre Bonbon-Hymnen, ich stehe stramm vor ihren mit Wachsmalstiften gemalten Fahnen, ich glaube an ihre Erzählungen, ich koche ihre Lieblingsgerichte, ich lese ihnen Geschichten und noch mehr Geschichten vor. Man sagt, die Mutter sei die Heimat, aber ich würde den Ausspruch gerne umkehren: Meine Kinder sind meine Heimat. Für ihre kleine Lächeln verpflichte ich mich der waghalsigsten aller Armeen. Es heißt, die Mutter sei die Sprache, aber das ist eine Lüge. Die Sprache, die wir sprechen, trägt die Züge ihrer Atmungen.
Ich bin eine mangelhafte Bürgerin: Statt an Gesetze oder Kollektive zu denken, verbringe ich Stunden damit, schlafende Königinnen oder englische Küken zu spielen. Statt die Zeitung zu lesen, verbringe ich Stunden damit, mir Blödsinn mit meinen Kindern auszudenken: Wenn wir einen Papagei in diesem Haus hätten, was würde der sagen… und alle möglichen Dinge ohne größeren Nutzen, weil wir keinen Papagei haben oder weil die Papageien auf dieser Seite der Welt weniger sprechen als die aus den Tropen.
Ich besitze keine Autonomie, ich bin nicht EINS: Ich habe nicht all die Zeit, die gern hätte, zum Schreiben, ich kann nicht länger arbeiten oder am Sonntag ausschlafen, da zwei kleine Münder mich einfordern. Ich entferne mich von meinem Ego, das ja. Die Entbindung ist auch die Entbindung von einem selbst, bedeutet, jenseits des Egos zu leben, aufzubrechen, sich zu entflechten, die Nabelschau aufzugeben, sich in mehr als zwei Hälften aufzuteilen. Ich weiß, dass meine Kinder eines Tages weggehen werden, und ich wieder allein mit mir selbst zurückbleiben und jeden Morgen ausschlafen werde, aber ich weiß auch, dass ich dann eine andere sein werde. Ich werde niemals mehr die sein, die ich gewesen bin. Ich werden immer entzweit sein.
Ich will nicht lügen: Es gibt auch die Literatur, die Liebe, das Leben, das Überleben. Aber in der Stunde der Wahrheit, sind das einzige, was zählt, diese beiden Paar Äuglein. Danach erst kommt alles weitere, einschließlich mir selbst.
Übersetzung: Anne Becker
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