Los Superdemokraticos – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Spanisch verstehen http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/spanisch-verstehen/ Wed, 21 Mar 2012 10:57:00 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=6316 Unsere Übersetzerinnen der Agentur In-Kult ziehen ein Fazit: Übersetzungsschwierigkeiten, Herausforderungen, Ansprüche und Fehlerteufel beim Hin und Her zwischen den Sprachen Spanisch und Deutsch.

In einem fremden Land lernt man mit vielerlei Dingen zurechtzukommen, ohne sie nachvollziehen zu können. Man weiß wie das System funktioniert, oder wie es gerne funktionieren würde. Man lernt nette Gesten und nicht ganz so nette Gesten voneinander zu unterscheiden. Man lernt Ironie zu verstehen und Witze zu kapieren. Aber es werden immer genug Dinge übrigbleiben, die einfach komplett unbegreifbar sind. Wenn man als Übersetzerin arbeitet, setzt man sich damit auseinander, mit den verschiedensten Ausdrücken, Sätzen oder Wortspielen, die ungefähr zwei Seiten Erläuterung benötigen würden, um sie in all ihren Bedeutungen übersetzen zu können.

Natürlich, das ist die Essenz einer Sprache, und genau darum geht es: zu übersetzen, aber es gibt immer wieder Sätze, die wesentlich weiter vom Original entfernt sind als andere. Hier sind ein paar Beispiele, die wir bei der Übersetzung der LSD-Texte durchlebt haben:

„La felicidad“, man hört es in fast jedem spanischen Lied. Bekannt, aber unübersetzbar bleibt dieses Wort für uns, weil wir uns jedes Mal für ein Teil seiner Bedeutung entscheiden müssen. Glück, Glücksgefühl, Glücklich-Sein, aber als eigenständiges Substantiv. „La felicidad“ ist ein Lebenseinstellung, ein Lebensziel… das oberste Ziel des Lebens sogar, und Glück scheint im Deutschen eher zufällig und vorübergehend.

So wie wir es in Deutschland ganz oft vermeiden müssen, einige hier rassistisch konnotierte Ausdrücke zu benutzen, wegen der Vergangenheit, der Geschichte, werden in einigen Länder in Lateinamerika solche Wörter so leichtfertig benutzt, dass man Bauchschmerzen kriegt, und das ebenfalls wegen der jeweiligen Geschichte. Nach der Kolonialisierung und allen Unabhängigkeitskriegen werden einige Wörter wie „Schwarz“ oder „Rasse“ sogar in einem positiven Sinn benutzt. „Negrito“, „Schwärzchen“, kann ein liebevoller Kosename sein und ein „escritor de raza“ ist weniger „Rassen-Schriftsteller“ als ein Schriftsteller aus Berufung.

Soziale Zusammenhänge, die einige Witze, Ironie oder einfache Beschreibungen ausmachen, müssen für den Leser bekannt sein, um alles verstehen zu können. Die Frage, die sich uns immer stellte, war: Inwieweit kann man einen interessierten, gebildeten Leser voraussetzen, ohne einen zu elitären Anspruch an die Leserschaft zu haben? Vielleicht kennen die meiste deutsche Leser des Blogs Borges, aber kennen sie auch Cortázar oder Facundo Cabral? Wissen sie von der Herkunft Evo Morales‘ oder warum er immer diese Ponchos trägt? Wie weit müssen wir ausholen, um einen Piropo verständlich zu machen? Haben die argentinischen Leser von dem Guttenberg-Skandal gehört? Oder die kolumbianischen Leser schon etwas über Hartz VI gelesen? In einem Blog ist es ja möglich immer ein Link zu setzen, aber müssen wir dann die Leser so behandeln, als ob sie nicht selber recherchieren können?

Es ist immer schwierig, zwei Welten zusammenzubringen, zwei Sprachen, mit all ihren Dialekten, Soziolekten und Feinheiten, aber dass ist die Aufgabe, der wir uns als Übersetzerinnen gestellt haben. Die Dynamik eines Blogs, technische Schwierigkeiten, internetfreie Zone, der Zeitdruck einer Live-Berichterstattung wie von den beiden Buchmessen – Frankfurt und Guadalajara – und der Stil einiger Autoren waren die besten Freunde der niedlichen, kleinen Fehlerteufel. Dennoch haben wir uns über Ozeane hinweggesetzt, Diskurse über-setzt und mit „Los Superdemokraticos“ und dank dem Internet zeitgenössische Autoren aus Lateinamerika und Deutschland so zeitnah und interaktiv zusammengebracht, wie es vorher noch nie der Fall war.

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Das Parteibuch für alle http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/das-parteibuch-f%c3%bcr-alle/ Mon, 14 Mar 2011 20:59:39 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3518

Mit der Kraft der Orange!

Der ultimative LSD-Reader ist da! Er erscheint Ende der Woche im Verbrecher Verlag.

Zutaten sind: Kurzessays von diesem Blog samt ausgewählten Kommentaren, ergänzt um sechs neue Beiträge der frischen Parteimitglieder Abbas Khider, Ambros Waibel Fernando Molina, Mayra Santos-Fevres, Nora Bossong und Rocio Cerón. Aus allen superdemokratischen Texten haben wir neues politisches Vokabular gefiltert und die Autorinnen und Autoren gebeten, es zu erklären. Daraus entstand ein 20-seitiges superdemokratisches Glossar, das die superdemokratische politische literarische Theorie beschreibt. Ein Netz, in welchem die vielen Perspektiven etwas Neues erschaffen. Improvisation statt Planung. Web statt Hierarchien.

Buchvorstellung am Donnerstag, 17. März, von 11 bis 12 Uhr, in Halle 5 auf der Leseinsel der Jungen Verlage, Buchmesse Leipzig.

Lesung und Gespräch mit Rery und Nikola, moderiert von Tom Bresemann, Autor/Lettrétage

Musik (argentinische Rock-Hits von Andrés Calamaro und Charly García): Nicólas Britos, Gitarre und Gesang

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in falsches Deutsch… http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/in-falsches-deutsch/ http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/in-falsches-deutsch/#comments Tue, 09 Nov 2010 13:44:44 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3189 Gestern der Froschkönig war von dichter überfühlt, die Stimmung war sehr schön, das Publikum war zufrieden. Es war die schönste Abend von Los Superdemokraticos.es war genau die Stimmung von los superdemokraticos, nur ein Beispiel davon was Nikola und ich veranstalten wollten als unsere Partei gegründet worden. Wir sind nah gekommen und wir wollen uns an alle Dichter und Dichterinen bedanken, die gestern gelesen haben. Indirekt sind viele Projekte anwesend gewesen, ohne die hätten wir die Übersetzungen nicht gehabt. Also vielen Dank an die Literaturwerkstatt, an Lettrétage, an lauter niemand, an Metropolis, an Latinale, an alle. Auch ein besonderes danke schön an unsere Übersetzerinnen Anne Becker und Barbara Bauxbaum für die Moderation.

[See image gallery at superdemokraticos.com]

Wenn ein Gedicht reist, ist es nun hier dank dieser immateriellen Fabrik, und unsere Partei steht da für gleichberechtige Arbeitsverhältnisse… Heute im Iberoamerikanische Institut um 19 Uhr, sprechen wir über kulturelle „soziale Bewegungen“ im Netz, bloggen, schreiben und leben mit René Hamann, Lina Meruane, Alan Mills und Ezequiel Zaidenwerg. Wir wurden uns an euch wieder zu sehen sehr freuen…

Saludos Superdemokraticos!

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Los Superdemokraticos trifft Latinale in Berlin http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/los-superdemokraticos-trifft-latinale-in-berlin/ Mon, 08 Nov 2010 12:00:06 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3181 los superdemokraticos gehen raus aus dem netz und betreten die echtzeit!

wir kooperieren mit dem lateinamerikanischen mobilen poesiefestival, latinale, und laden ein zu zwei veranstaltungen:

montag, 8.11., 20 uhr: literarischer battle zwischen latinale-dichtern und berliner dichterinnen und dichtern, froschkönig, weisestr. 17, berlin-neukölln. es moderieren die übersetzerinnen anne becker und barbara buxbaum.

dienstag, 9.11.,19 uhr: dichter und blogger: eine neue kulturelle identität im netz? podiumsdiskussion im ibero-amerikanischen institut, 19 uhr. es diskutieren lina meruane (chile), alan mills (guatemala), ezequiel zaidenwerg (argentinien) und rené hamann (deutschland). rery maldonado (los superdemokraticos) moderiert. konsekutivübersetzung von johanna richter.

eintritte frei! beide veranstaltungen zweisprachig.

wir freuen uns auf euch, hasta pronto!

saludos superdemokraticos, rery y nikola

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Die Zukunft http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/die-zukunft/ http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/die-zukunft/#comments Sun, 24 Oct 2010 18:01:42 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3087

www.oscarseco.com

Ich stimme René Hamann zu, mir gefallen Abschiede auch nicht. Dies hier ist ein Pilotprojekt, das jeden Moment wieder Gas geben könnte. Zudem verschwinden wir nicht ganz, wir nehmen nur ein bisschen das Tempo heraus, senken die Intensität.

Es ist schwierig, einer Idee eine physische Form, etwas Reales, zu geben, sie in eine juristische Person verwandeln. Es ist schwierig, einer Idee treu zu bleiben, wenn viele Personen gleichzeitig sie bestimmen und ausmachen und wenn sie zweisprachig ist. In Wirklichkeit kamen wir an viele Grenzen, so wie Borges es sehr treffend in „Las Ruinas Circulares“ (Die kreisförmigen Ruinen) beschreibt: „Das Ziel, das uns lenkte, war nicht unmöglich zu erreichen, aber es hatte etwas Übernatürliches. Ich möchte einen Menschen erträumen: Ich möchte ihn detailliert integer und ihn dann in die Realität entlassen. Dieses magische Vorhaben hat den gesamten Raum meiner Seele ermüdet.“ Oder es wird ihn später noch mehr ermüden, wenn wir uns hinsetzen, um darüber nachzudenken – hoffentlich mit eurer Hilfe – was und worüber hier eigentlich gesprochen wurde.

Wir werden in den Texten unserer Autoren Schlüsselwörter suchen, neue Konzepte, Schneisen, um zu verstehen, wohin uns die Finanzkrise in den vergangenen Jahren geführt hat, wie sich die Welt nach dem 11. September anfühlt, was es bedeutet, ein Staatsbürger zu sein. Ich bin mir nicht sicher, ob wir es geschafft haben, ein generationelles Mosaik zu entwerfen, sondern vielmehr eines der Mittelschicht, ein sehr vielseitiges. Was wir gemeinsam haben, sind: der Zugang zur Technik, eine bürgerliche Erziehung und dass wir alle an der Uni die wichtigen französischen Philosophen des 20. Jahrhunderts gelesen haben. Uns unterscheidet die Beziehung, die ein jeder mit seiner Sprache führt. Spanisch ist an keinem Ort der Welt eine Nationalsprache, ich habe eine gesamte Generation von Katalanen erlebt, die Spanisch sehr schlecht sprachen. Auch haben wir uns an das Falschpanisch von Typen wie Gombrowicz gewöhnt, allein zwischen 1910 und 1935 landeten vier Millionen Menschen, europäische Immigranten, in Buenos Aires. An der Grenze zwischen Paraguay und Bolivien spricht man ein unverständliches Deutsch, in den sich abschottenden mennonitischen Gemeinden tragen die Frauen Kopftücher, in Venezuela gibt es die exakte Kopie eines Dorfes im Schwarzwald und überall sieht man Menschen mit blauen Augen, mit hellerer Haut, Kinder der verarmten europäischen Siedler, die es sogar bis zum Gran Chaco, einem trockenen Dschungel zwischen Nordargentinien, Südbolivien und Paraguay, und an andere Orte geschafft haben, an die man sich heute nicht mehr erinnert, auch wenn die bürgerlichen Sehnsüchte dort intakt geblieben sind.

Dann ist da auch noch diese gesamte Generation von ausländischen Autorinnen und Autoren, die auf Deutsch schreiben, und die Deutschen, die heutzutage ihr Leben anderswo auf der Welt führen. Wie bildet sich Zivilisation heraus? Vor vielen Jahren kaufte ich in einem Antiquariat das Tagebuch eines preussischen Soldaten, der in Hamburg in See stach und von Buenos Aires aus sogar die Ufer des Pilcomayo erreichte, ein Fluss in Zentrallateinamerika. Dass Hesse sich ein wenig von einer ähnlichen Geschichte hat inspirieren lassen, um Siddharta zu schreiben, erscheint mir durchaus möglich; nur so kann ich mir erklären, dass in der Bibliothek meines Großvaters im Chaco ein Siddharta stand, ein billiges Buch, erschienen in Argentinien – und das, obwohl in meiner Familie kein einziger Deutscher war.

Wir möchten uns bei unseren Übersetzerinnen und Übersetzern für ihre Arbeit bedanken, einige Texte waren wirkliche Herausforderungen. Wir bedanken uns vor allem bei unserem gesamten Berliner Team: bei den Nübel-Brüdern für das Erscheinungsbild, das sie unserem Spaceship gegeben haben, bei Adriana Bernal für den Überblick über alle Rechnungen, bei Valia Carvalho und Oscar Seca für Illustrationen, bei Sudaca Power, María Mandarina, Inti Che, Kid Watusi y Grace Kellyfür die Musik, bei Acud, La PulqueriaHotel Bar y Madame Sata für Räume und Gastfreundschaft, bei Der Freitag, Wilde Leser, Latinale, Die SpukKommune und allen Freunden, die uns geholfen haben, die Ideen zu verbreiten. Nun treten wir in die zweite Phase unseres Projekts ein und laden alle unsere Leser und Autoren ein, uns bei der Auswahl des Materials für ein superdemokratisches Buch zu helfen. Wir kehren zum Start zurück. Eure Vorschläge bitte an:

info@superdemokraticos.com

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Vollkommen frei http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/vollkommen-frei/ Fri, 15 Oct 2010 11:32:55 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2495 Schwindelerregende Übungen. Die Vorstellung von einem vollkommen freien Abschied erinnert mich an den freien Fall. Die Tage vergehen, und ich bin blank. Nichts ist freier als ein weißes Blatt Papier, es ist der Gefangene, der schreibt, draußen eingesperrt, ein Gefangener Gottes.

Heute Abend werde ich rausgehen, um Ideen zu jagen, es wird mir gut tun, mich frei zu machen und die Rückkehr nach Hause wird von ganz alleine geschehen. Aufgrund der Kommunalwahlen am Sonntag ist es der zweite Tag der Prohibition. Wenn ich bei gesellschaftlichen Ereignissen absolut nichts trinke, ist es sehr wahrscheinlich, dass ich mich ablenke, mich vertiefe, Details beobachte, zerlumpte Fäden an den Gewändern der Könige, neurotische Mäuse, die in der Ferne den Weg kreuzen – dann werde ich es tun! Wie ein Engel, der sich eine unsichtbare Notiz macht, werde ich während der Verabschiedung einer Freundin zwischen den Menschen die Abschiedsrede schreiben. Ich werde mich umziehen und dann gehen.

Jetzt stehe ich auf einer großen Holztruhe an einem alternativen Kulturort. Eine Buchvorstellung wird von einer Performance begleitet. Die anderen Assistenten sind auf Meereshöhe, sodass ich eine privilegierte Sicht habe. Neben mir sitzt ein Freund auf einem Stuhl und trinkt einen Empfangscocktail (erster Verstoß gegen die Prohibition an diesem Abend). „Wir sind die Könige der Welt“, sage ich zu ihm. „Wir sollten uns küssen“, antwortet er. Später steigen Wini und ich aus dem Kombi und singen voller Gefühl „Hacer el amor con otro“ (Liebe mit jemand anderem machen) und beschwören die polemische Leidenschaft herauf, das dieses Lied in der Öffentlichkeit hervorrief als wir zehn Jahre alt waren. Ich beobachte und koste den zweiten Verstoß auf der Jubiläumsfeier eines Ladengeschäfts, das den Namen Reinkarnation trägt.

Ich bitte die Assistenten um Wörter, das Volk muss mich bei dieser Heldentat unterstützen. Aal-Perversion-Scheiße-Anziehungskraft-Schuldig. Düstere Ahnungslosigkeit der Anwesenden… Was tue ich? Verwandle ich gerade einen Artikel mit freier Themenwahl in eine Feldstudie über die Freiheit, die auf freien Assoziationen und zeitlich unpassenden Auftragserfüllungen basiert? Dieser Unsinn sprengt die Grenze zwischen literal und liberal. Auf den Straßen ist die Wahlpropaganda allgegenwärtig und auf der Verabschiedung trinken alle ohne Hemmungen. K informiert mich darüber, dass draußen berauschte und in unterschiedlichster Bedeutung entfesselte Menschenmengen beobachtet werden können, die durch die Straßen zirkulieren. Es scheint, als ob die Tage der Prohibition heute Volksfeste sind. Und während meine Freunde Strategien und Einfälle á la Al Capone aushecken, wächst in mir eine anthropologische Unruhe angesichts der Missachtung, der Anrufung des Chaos und des Gewohnheitsrechts, auf das sich Professor Perla bezog, aufgrund dessen sich eine Gewohnheit als Gesetz durchsetzen kann, wenn eine Gemeinschaft einstimmig seine Verwurzelung und seinen Nutzen beschließt.

Aber nun muss ich nach Hause zurückkehren, um zu schreiben und den Text einzusenden, ich bin im Rückstand und um mich herum drehen die Menschen durch. Ist es das Fest der Demokratie? Ich bange. „Kannst du nicht mit der Freiheit?“ fragt mich M. „Früher hatte ich keine Probleme damit, es scheint an der Monogamie zu liegen“, spaße ich, weil ich Frei bin wie die Schallplatte Libre (Frei), die Alejandra Guzmán 1993 herausbrachte. So, wie auf der Karte steht, die mir mein Pate Alejandro (ruhe er in Frieden) zur Erinnerung an meine Taufe zeichnete: „Du wurdest für die Liebe und die Freiheit geboren.“ Dem Lob dieser Werte widme ich mein Leben und nicht nur deshalb, weil es auf dieser Pappe geschrieben steht.

Es verblüfft mich, dass ich lange Zeit Liebesgedichte schrieb, ohne es zu wissen, aus dem Magen heraus – und nicht aus dem Hals heraus – sang, wie es die Gesangsmeister raten. Seit wann bringt mein Mund Schmetterlinge statt religiöser Gottesanbeterinnen hervor?

Liebend gerne würde ich weiter plaudern, aber ich muss diesen Brief dem Briefträger überreichen, der in meinem Zimmer wartet.

Wir werden uns wieder treffen, Autoren, Leser und Wähler, zum vereinbarten Gesetz, zum Fest der Superdemokratie.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Ohne Titel http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/ohne-titel/ http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/ohne-titel/#comments Thu, 23 Sep 2010 15:57:20 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2213 Gerade erhielt ich meine Flugzeiten nach Cartagena, wo ich, auf Einladung der Fundación Carolina, im Oktober am Encuentro Iberoamericano de Jóvenes (Zusammentreffen der iberoamerikanischen Jugend) teilnehmen werde. Vor vier Monaten war ich in Havanna, um den ersten Teil einer journalistischen Recherche durchzuführen. Ein Monat später war ich in Madrid, Barcelona und Stockholm, wo ich mit einem anderen venezolanischen, zwei katalanischen und einer kolumbianischen Schriftstellerin eine intellektuelle und kitschige Performance präsentiert habe, die wir davor schon in Bogotá und Mérida aufgeführt haben und die wir hoffentlich auch im November auf der Balada Literaria in Sao Paulo zeigen werden. Diese Mischung aus Lesung und Inszenierung ist eine Hommage an einen chilenischen Autor. Ich arbeite auch mit den Superdemokraticos zusammen, ein zweisprachiges spanisch-deutsches Blog, konzipiert von zwei Autorinnen, eine aus Berlin, die andere aus La Paz, gemeinsam mit einer Gruppe von Leuten, die aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen, die mir vielfältig und bereichernd vorkommen. Für dieses Blog schreiben auch eine Venezolanerin, die in Israel wohnt, und eine Costa-Ricanerin, die in San Francsico lebt. Beide lese ich immer, ohne einen Text zu verpassen und beide würde ich mit geschlossenen Augen publizieren, wenn ich den Verlag hätte, den ich nicht habe. Wer jedoch einen kleinen Verlag hat, glaub ich zumindest, ist eine Frau aus Maracaibo, die nun nach Buenos Aires gezogen ist, und die ich hoffentlich nächstes Jahr besuchen werde, wo ich meine nächste Reportage, wenn alles nach Plan läuft, auf der internationalen Buchmesse einweihen kann. Ich bin aus San Felix, lebe in Caracas und in den nächsten zwei Wochen werde ich wahrscheinlich für ein paar Tage nach Colonia Tovar reisen, ein kleines Bergdorf, etwa 50 Kilometer entfernt, dessen Hauptattraktion die Spuren der deutschen Kultur sind, die sich auf die ersten Bewohner zurückführen lassen: blonde Hünen, Würstchen, alpine Häuser.

Trotz soviel Fortbewegung bleiben meine Taschen immer leer, wie ein Spiegel meines Kontos und als klarer Kontrast zu meiner Kreditkarte, die fast daran stirbt wie sie überzogen wird; deshalb wollte ich wieder ein paar Monate in der Rechercheabteilung der Últimas Noticias arbeiten, der überregionalen Tageszeitung mit der größten Auflage innerhalb Venezuelas, wo ich zwischen Januar und Februar mit größter Sorgfalt ein halbes Dutzend guter Beiträge abgegeben habe. Einer davon handelte von der Situation der Haitianer in meinem Land nach dem Erdbeben, das bewiesen hat, dass es immer schlimmer kommen kann. Aber es gab keinen Platz mehr, also musste ich mir ein paar Workshops einfallen lassen, über literarisches Schaffen und journalistische Reportagen, bei denen wir Autoren lesen, die an so fernen Orten wie Prag, Istanbul und Washington geboren wurden.

Meine fast zwei jährige Tochter, die das Lied von Shakira verehrt – so wie Gottheiten verehrt werden – das Lied, das Shakira interpretiert und getanzt hat, um die Weltmeisterschaft in Südafrika zu unterstützen, und das vorher schon von Las Chicas de Can gesungen wurde, einem seltsamen und pulsierenden musikalischem Experiment, das in Santo Domingo geboren wurde, ging diese Woche zum ersten Mal in eine Kinderkrippe, deren Logo ein Tier ist, das möglicherweise nie, nicht mal durch Zufall den heimischen Boden berührt hat: ein Känguru. Seit dieser Weltmeisterschaft mit ihrem europäischen Finale habe ich eine Katalanin kennengelernt, die in Mexiko lebte und regelmäßig in die Pyrenäen reist, eine Enkelin von Portugiesen und Italienern, eine weitere Enkelin von Italienern und Galiciern, und eine Französin, mit französischen und vietnamesischen Großeltern, die zum zwanzigsten Mal in ein anderes Land zog. Einige sehe ich ab und zu, und mit den anderen beiden kann ich dank moderner Technik im Kontakt bleiben. Das weiß mein Mitbewohner, der ein großer Werbekreativer ist, Talent und Erfahrung hat, zusätzlich zu seiner Bescheidenheit, der aber nun beschlossen hat, dass er einen Traum braucht. Und um ihn zu verwirklichen, muss er in New York oder Osteuropa Film studieren. Negro, sag ich ihm, es gibt da ein Problem mit der Sprache. Blondi, antwortet er mir, das ist irrelevant; für den, der lernen will, existieren keine Grenzen. Ich denke, er sagt das, weil er ein Romantiker ist, denn er, der schon mal in Chicago gelebt hat, weiß wohl, dass Grenzen existieren, genau wie Sprachen und Ausweise und Kulturen und Eigenarten, mit ihrem Widerstand und ihrer Vergangenheit und ihren finsteren Blicken. Und dass sich das mit der Globalisierung jemand ausgedacht hat, der auf sich aufmerksam machen wollte oder etwas verkaufen wollte, denn ich weiß nicht wie ein normaler Mensch von dieser Seite des Erdkugel mit so vielen Kulturen gleichzeitig in Kontakt stehen kann, ohne ein Ticket für die U-Bahn in seiner Tasche oder einen Fernseher in seinem Zimmer zu haben.

Übersetzung: Barbara Buxbaum

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