ley – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Was legal ist … http://superdemokraticos.com/editorial/was-legal-ist/ http://superdemokraticos.com/editorial/was-legal-ist/#comments Mon, 06 Sep 2010 14:51:56 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=1719 Es ist eines wichtigsten Ziele von Los Superdemokraticos, eine Sammlung von Polaroids zu erstellen, die das Individuum in seinem Umfeld zeigen, und zu versuchen, gemeinsame Linien zwischen unseren Mannschaftsmitgliedern zu entdecken, die wir als Repräsentanten „unserer Generation“ ausgewählt haben. Auch wenn natürlich 20 Personen kein repräsentatives Bild ergeben, haben wir sehr darauf geachtet, dass unterschiedliche Positionen vertreten sind. Unser Name ist nur eine Übertreibung, ein Witz über das, worüber wir hier ständig nachdenken: die Meinungsfreiheit. Als Individuen stehen wir oft im Konflikt mit Meinungen und Überlegungen, die nicht unserer eigenen Haltung entsprechen. Als Projektleiterinnnen von Los Superdemokraticos müssen wir weiter gehen: unsere Neutralität bewahren. Was tun?

Unsere Devise lautet: Was legal ist, ist erlaubt; allerdings verletzen manche Gedankengänge, die argumentativ gut strukturiert sind, das individuelle Feingefühl. Wir haben intern die verschiedensten Diskussionen geführt. Ich persönlich hätte mir niemals vorstellen können, dass mein Name mit einer Idee in Verbindung gebracht wird, die Javier Badani in seinem Artikel „Erschießen wir sie?“ vertritt. Aus dem Maschinenraum von Los Superdemokraticos kann ich nur dieses sagen: Wir sind nicht für die Todesstrafe, wir möchten keine Diskussion befördern, die in diese Richtung geht. Die Abwesenheit der Staatsmacht legitimiert den Mob in keinster Weise, die Justiz in die eigenen Hände zu nehmen und das auch noch als die Ausübung von Gerechtigkeit anzusehen.

Als Frau bin ich auch nicht mit Liliana Laras Artikel „Entbindung“ einverstanden. Mir erscheint es natürlich legitim, die Mutter- oder Vaterschaft als einen fundamentalen Aspekt des Lebens eines Subjekts anzuerkennen. Und natürlich darf niemand darüber urteilen, welcher Apspekt für eine andere Person der wichtigste im Leben ist. Aber die Wahrheit ist doch, dass Frauen seit Jahren, Generation für Generation, dafür kämpfen, selbst über ihre Körper zu bestimmen, aufzuhören, eine Gebärmutter zu sein. Ich glaube nicht an die Mutterschaft mit großem M. Dieses Konzept kam mir immer wie eine Falle vor, die das Patriarchat der Frau stellt, um sie „ehrenhaft“ im privaten Raum zu halten. Für mich ist die Erzeugung von Nachkommen etwas ebenso Männliches wie Weibliches. Eine Entbindung ist kein Garant für menschliche Beziehungen, und ein Kind gehört denen, die es großziehen. Daher bin ich für das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare.

Auch meine Kollegen haben über die vergangenen Wochen mit einigen Texten Probleme gehabt, aber weil wir, wie alle hier, Individuen sind, reagieren wir bei ganz unterschiedlichen Dingen sensibel. Bisher haben wir unseren Zensur-Instinkt im Zaume gehalten und Themen nicht diskutiert. Jetzt aber ist ein guter Moment, um unsere Position klarzustellen: Wir teilen viele der Meinungen unserer Autorinnen und Autoren, aber wir bleiben unserer Idee treu: Was legal ist, … Genau das. Unsere Editorials sind dazu da, die Meinung des Teams wiederzugeben und von unserem Einspruchsrecht Gebrauch zu machen. Meinungsfreiheit ermöglicht uns, öffentlich zu zeigen, dass wir eine bestimmte Ansicht vertreten. Vor allem ermächtigt sie uns, öffentlich zu sagen, wenn wir nicht einverstanden sind.

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Leiser Komplott http://superdemokraticos.com/themen/burger/espanol-el-complot-silencioso/ http://superdemokraticos.com/themen/burger/espanol-el-complot-silencioso/#comments Fri, 27 Aug 2010 15:47:39 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=1313
Ich praktiziere einen einsamen Aktivismus: Ich treffe mich mit anderen, um Bücher zu verlegen. Getrieben von der unschuldigen Perversion, das Buch als ein quasi magisches Objekt zu betrachten, habe ich mich mit ein paar weiteren Personen fast aus Zufall zusammengetan und damit begonnen, der Kulturindustrie ein wenig von dem verdorbenen, verführerischen Aberglauben zurückzugeben, der uns in unserer Kindheit eingeimpft wurde. Leute mit unterschiedlichen ästhetischen Auffassungen, verschiedenen Geschmäckern und Lektüren, die sich in einem unbesiegbaren literarischen Kampfgeist vereinen. Ein Miniaturheer, das bereit ist, aufs Ganze zu gehen, ohne viel zu erwarten. Alles wegen eines Objekts aus Papier.

Dieses scheinbar bedeutungslose Ding, das Buch heißt, ist für mich (und für die halbwegs verrückte Truppe) von großer Bedeutung. Ich gehöre zu der Sorte Mensch, die glaubt, dass man durch die Lektüre eines Buch jede Erfahrung vorweg machen kann: vom Bau einer Bombe bis zu den unergründlichen Mysterien der Liebe über den Fischfang und die Entdeckung von bisher unbekannten Orten in einem selbst. Ich habe mich für alle möglichen Verrichtungen der Bücher bedient, einschließlich für den Gesetzesbruch (klar, Bücher habe ich auch geklaut, was für eine Frage). Der Einfluss, den die Lektüre eines Buches auf das Leben von jemanden haben kann, ist unermesslich: Ich habe die rebellische Seite der Politik durch underground fanzines entdeckt, die ich in meiner Jugend in den 90ern (des vergangenen Jahrhunderts!) gelesen habe. Für mich charakterisiert das Prä-Internet, das Netz unplugged, jene Epoche des Austauschs und der Entdeckungen. Seit damals habe ich begonnen, an dem zu zweifeln, was für normal oder natürlich gehalten wird, seit damals habe ich das Gefühl, dass alles einen anderen Sinn hat.

In einem Land, in dem die Analphabetenrate extrem hoch ist (man muss abwarten, wie die jetzige Alphabetisierungskampagne vorankommt), das intellektuelle Leben wenig Tradition hat und für die große Mehrheit der Bevölkerung Bücher unerschwinglich sind, haben mich in meiner Arbeit drei Personen sehr inspiriert: Franco (ein reiselustiger Anarchist, der in einer Stadt ohne Buchläden Raubkopien von Klassikern und avantgardistischer Literatur anfertigte), Marcelo (jemand, der auf die harte Tour lernen musste, dass nicht nur „das Schöne“ zählt, sondern auch so prosaische Dinge wie der Markt) und Alison (eine promovierte Anthropologin mit einem exquisiten, freakigen Literaturgeschmack, die ihre eigenen Werke verlegt hat  – und die zu den besten meines Landes gehören – und die von weiteren mit Feder und Faust zur Randexistenz Verdammten). Von Nahem zu sehen, wie diese drei durch Widrigkeiten hindurch surften, brachte mich dazu, meinen eigenen Weg in der Welt der Verlage einzuschlagen. Eine Welt, in der die Autoren sich über den Mangel an Aufmerksamkeit und Privilegien seitens der Verleger und über die geringe Anzahl guter Lektoren und scharfsinniger Kritiker beklagen, eine Welt, in der die Verleger sich über den nachlässigen Umgang der Grafiker mit der Rechtschreibung und über die schonungslose Logik des Größenvorteils der Druckereien beschweren, eine Welt, in der die Drucker über die Schikanen der Papierlieferanten jammern, etc. Anstatt in diesem Beschwerdezirkel zu verbleiben, beschlossen wir, unsere Kontingenz mit Hoffnung und Dankbarkeit anzunehmen.

Im Mai 2008 habe ich mich mit anderen zusammen geschlossen, um unseren Narzissmen großzügiger zu dienen und Bücher zu verlegen (bisher ein Gedichtsband, drei Bücher mit Erzählungen und eine Anthologie lateinamerikanischer Literatur) und ein Blog zu betreiben, mit dem Ziel den Prozess zu rationalisieren. Wir wollen einen fehlerlosen und repräsentativen Katalog schaffen: Wir bewundern alle den Fetisch des „Neuen“. Manchmal ist es sehr schwer, und wir haben das Gefühl, alles sei verloren. Aber dann erinnern wir uns wieder daran, dass wir unser Schicksal auf uns nehmen. Wenn es einfach wäre, wäre es witzlos.

Übersetzung: Anne Becker

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