Jenes weiße Pferd, auf das sich José Alfredo bezieht, ist die Geschichte. Wenn ich irgendetwas von der Geschichte gelernt habe, dann, dass die einzige Lösung für unsere Konflikte im Himmelreich der Musik zu finden ist. In diesem Sinne ist die Geschichte das Wichtigste in meinem Leben. Es ist wahr: Die Geschichte kann man in Toten, in Kriegen, in Aufständen messen. Aber sie wird immer ungenau aufgezeichnet werden. Allein mittels der Musik ist es möglich, den Puls der Geschichte zu spüren. Wenn wir an die Geschichte denken, rufen wir zuerst unseren persönlichen soundtrack ab, noch bevor irgendein Erinnerungsbild entstehen kann. Niemand erinnert sich an so viele Daten wie an Lieder.
Immer wenn ich den „Corrido des Weißen Pferds“ höre, denke ich nur an zwei Dinge: Frauen und Fußball. Ich will sagen: Ich lasse die Geschichte und meine Geschichte Revue passieren. Nach zwei Ehen (wie Fogwill sagt: Ich trenne mich nicht, ich werde rausgeworfen) ist mein einziges Anliegen, mir ein paar Beistelltische zu kaufen (oder sie selbst bauen, wie mir jemand nahelegte), um vor dem Fernseher zu essen. Währenddessen stelle ich mir vor, dass das weiße Pferd die mexikanische Fußballmannschaft ist, die, nachdem sie eines sonntags Guadalajara verließ, von Argentinien vernichtet wurde, das wiederum von Deutschland vernichtet wurde, das wiederum von Spanien vernichtet wurde, und mit ihr auch meine Geschichte der Weltmeisterschaft in Südafrika 2010.
Übersetzung: Anne Becker
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