– Bah! Die ist doch gar nichts im Vergleich zu der von América.
Seine große Schwester, América, hatte sich nach dem Tod der Mutter um Familie und Haus gekümmert. Auf ihrer ausgedehnten Hüfte trug sie alle ihren kleinen Geschwister, und so ging sie auch aufs Feld oder ihren häuslichen Pflichten nach. Sie war schön, denn zu jener Zeit erfreute Fülle das Auge. Die Männer zergingen jedes Mal in Komplimenten, wenn sie jene hüftvolle Menschheit kommen sahen. América, weitläufig wie die venezolanischen Ebenen, immer für ihre Geschwister da, verfrühte Mutter, hatte nie geheiratet, denn sie war so schön, dass ihre Schönheit nie einen Bewerber auf ihrem Niveau fand, ihre Hüfte nie einen Körper fand, der sie zudecken konnte. Sie und ihre Hüfte alterten im elterlichen Haus, in dem sie sich zuerst um die Geschwister kümmerte, dann um ihren Vater und zum Schluss um ein paar Katzen.
Mit 13 Jahren fand ich diese Geschichte der Unterwerfung, Einsamkeit und verfrühter Verantwortung düster. Die Hüften von América waren weit davon entfernt mich zu trösten. Vielmehr erschienen sie mir als ein schlechtes Omen. Wurde etwa die Geschichte auch vererbt und ich, die ältere Schwester, würde auf Haus und Familie aufpassen müssen und in tiefster Einsamkeit enden? Ich dachte an eine Maschine zum Hüften zerbrechen, so wie jene, die Schädel verkleinern. Ich dachte an alle möglichen Sportarten und Fettabsaugungen. Ich wollte so aussehen wie die Frauen auf den Fotos in den Zeitschriften und nicht wie jene in dem Familienalbum. Trotz allem wuchs meine Hüfte weiter ins Unermessliche und meine Brüste schrumpften, auch nach dem Stillen der Kinder. Ich habe ohne Zweifel die Hüften von América geerbt, aber nicht ihre Geschichte.
Übersetzung: Anne Becker
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