FLIA – Feria del Libro Independiente y Alternativa – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Auf der Suche http://superdemokraticos.com/themen/buchmesse/auf-der-suche/ Fri, 08 Oct 2010 16:35:10 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2756

Unser Gast-Blogger, der Autor, Übersetzer und Organisator des mobilen lateinamerikanischen Poesiefestivals Latinale hat sich an den offiziellen und weniger offiziellen Präsentationen der argentinischen Verlage umgeschaut.

Die Buchmesse ist ein Bienenschwarm, dachte ich, als ich aus der U-Bahn gespült wurde und in den langen neonbeleuchteten Gängen Garderobe und Toilette suchte. Die Superdemokráticos haben mich auf die Suche nach den unabhängigen Verlagen Argentiniens geschickt. Meine erste Station ist der offizielle Pavillon. Hier zeigt sich das südamerikanische Land von zwei Seiten, zum einen Land und Leute, Bilder der Präsidentin, die Kindern aus Slums Notepads schenkt, US-amerikanische Touristen vor den Wasserfällen in Iguazú und Bilder der Helden der argentinischen Kultur: Maradona, Borges, Cortázar, Evita, Gardel und Che Guevara. Ausgespart werden auch nicht Bilder von „Verschwundenen“: 30.000 Menschen wurden von der letzten Militärdiktatur verschleppt, ermordet und an unbekannten Orten verschachert oder aus Flugzeugen in den Río de la Plata geworfen: Vergangenheitsaufarbeitung à la Argentina. Von den unabhängigen Verlagen keine Spur.

Die zweite Station führt mich in die Halle 5.1., hier – auf einem Stand, der die argentinische Camara del Libro von der Buchmesse gemietet hat, finde ich zumindest Bücher von Adriana Hidalgo, Beatriz Viterbo und dem derzeit angesagtesten Independent-Verlag: Eterna Cadencia. Doch statt alternativen Verleger sitzen an den blankgeputzten Tischchen nur Anzugsträger, vertieft in aufgeklappte Aktenköfferchen. Auch auf der Leseinsel der kleinen Verlage in Halle 4.1 sind die argentinischen Underground-Autoren nicht. Ich bin ratlos. Der chilenische Dichter Sergio Parra gibt mir schließlich ein Tipp: Geh noch mal zurück in Halle 5.1 in einem Seitengang haben sie einen Stand besetzt. Und in der Tat: In einem schmucklosen Stand völlig ohne jegliches Verlagslogo oder Kataloge sitzen zwei Bärtige, der eine mit Brille, der andere mit Pferdeschwanz. Abgesandte der FLIA (der Feria de Libro Independiente). Monatlich findet dieses Bücherfest an wechselnden Orten in Buenos Aires statt. Bis zu 20.000 Besucher kaufen dort Bücher. Für die unabhängigen Verlage die wichtigste Veranstaltung im Monat. Matías Reck und Cristian di Forte heißen die beiden Independentverleger. Reck erzählt, dass sie acht Monatelang mit der Buchmesse und der COFRA (dem Organisationskomitee für den argentinischen Buchmesseauftritt als Ehrengast 2010) in Verhandlungen standen. Rausgekommen sei dabei nichts, am Ende wollten sie uns 4 qm für 165.- Euro geben – immer noch zu viel für uns, dann haben wir den Stand, der frei war, einfach besetzt. Und witzelt, nebenan sind die peruanischen unabhängigen Verlage, die feiern den ganzen Tag ihren Nobelpreis Vargas Llosa als hätten sie die Weltmeisterschaft gewonnen. Ich muss jetzt wieder los, in einer halben Stunde liest Washington Cucurto am besetzten Stand und signiert Kartonbücher.

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Wir sind Besetzer http://superdemokraticos.com/themen/buchmesse/wir-sind-besetzer/ Thu, 07 Oct 2010 13:37:58 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2663

Christian Forte, Poet und Schriftsteller aus Argentinien, Mitglied des Gremiums des Verlags Milena Cacerola, erzählt, warum er und sein Kollege seit Mittwoch eine Nische auf der offiziellen Ausstellungsfläche der argentinischen Verlage als unabhängiger Verlag besetzen.

„Wir sind hier als Vertreter des Verlags Milena Cacerola. Folgendes ist passiert: seit einem Jahr haben wir um Unterstützung gebeten, und wir haben gesehen, dass die Türen vor allen unseren Anträgen zufielen. Wir hätten gerne auch viele andere unabhängige Verlage repräsentiert, die Interesse zeigten, auf der Messe zu sein. In unserem Fall haben wir uns auf eine unabhängige Art und Weise eingesetzt. Matías, der Herausgeber, hat seine Reise selbst bezahlt. Ich habe in Berlin alternative Gesprächsrunden organisiert, und durch diese Selbstorganisation haben wir es geschafft, nach Frankfurt zu kommen. Wir finanzieren uns durch den Verkauf von Büchern, die wir dabei haben. So versuchen wir jeden Tag aufs Neue, unsere Kosten zu decken und so über die Runden zu kommen. Wir gehören zur FLIA, der Feria del Libro Independiente y Alternativa (Unabhängige und alternative Buchmesse), die vor vier Jahren in Buenos Aires entstand und sich seitdem weiterentwickelt hat. Diese Messe bringt jede Menge Verlage zusammen und vor allem Autoren, die sich selbst herausgeben.

Wir wollen Folgendes in Frankfurt erreichen: eine Debatte entfachen, über das, was das Herausgeben heutzutage bedeutet und über neue Strategien der Publikation, die den Gesetzen des Marktes und den großen Verlagskonzernen entgegengesetzt werden können. Wir haben heute diesen leeren Stand gefunden und ihn besetzt, ohne zu fragen. Damit haben wir gerade einen Raum auf der Messe eingenommen, wir wissen noch nicht einmal, wem wir dafür Geld geben müssen, oder ob man Geld dafür bezahlen muss, aber hier sind wir. Hoffentlich hat das keine strafrechtlichen Konsequenzen. Die Unterstützung der argentinischen Regierung für die unabhängigen Verlage ist praktisch Null. Was das Konsulat gemacht hat, war die Stände anzumieten oder die Teilnahmen an der Messe zu verkaufen.“

Übersetzung: Barbara Buxbaum

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