Ehe – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Was macht die Verteidigung vor meinem Fenster? http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/was-macht-die-verteidigung-vor-meinem-fenster/ Thu, 30 Jun 2011 12:16:01 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=4137 Über die Halbherzigkeit einer Ehe, die man auch Europäische Union nennt. Trotz der Idee einer Gemeinschaft, die eigentlich eine Gemeinschaftsarmee bedingen würde, halten die Nationen an ihren Nationalarmeen mitsamt deren archaischer Symbolik (Uniformen, Rituale, Blasmusik) fest. Ist das anachronistisch?

Stellen Sie sich vor, nach Jahren des allgemeinen hostilen Nebeneinanders in Europa und der verbitterten Auseinandersetzungen mit Ihren Nachbarn eröffnet Ihr Vater Ihnen auf einmal mit Hand auf der Brust und pathetischem Lächeln, er wünsche sich nichts sehnlicher als Ihre Vermählung mit der Nachbarstochter, die Sie seit einiger Zeit ohnehin heimlich trafen. Bisher hielten die Rechtsanwälte der jeweils verfeindeten Parteien den Frieden der benachbarten Grundstückseigentümer in Schach, jeder Zaunpfahl, jeder Zweig des Apfelbaums kam vors Gericht, jedes spontan miteinander gewechselte Wort wurde “missverstanden”. “Die Mütter” suchten mit aller Macht den nötigen Abstand zwischen den eigenen Nachkommen und denen des Nachbarn und “die Väter” sorgten für das eindeutige ideologische Profil.

Das deutsche Verteidigungsministerium von meinem Fenster aus gesehen.

Das deutsche Verteidigungsministerium von meinem Fenster aus gesehen.

Ihr Vater erklärt, er sei zum Schluss gekommen, die Nachbarn seien eigentlich sehr nette Leute und die Zeit sei reif für eine neue Ära des friedlichen Nebeneinanders, für eine Verbindung, die besser ist als die der Nachbarn auf der anderen Seite des Grabens und stabiler als die der Nachbarn in der Parallelstraße. Im nächsten Augenblick ziehen Sie ihren Taschenrechner hervor und machen sich ein Bild davon, wie viel Geld nun jährlich mehr zur Verfügung stehen wird, wenn man nicht zwei, sondern nur noch einen der unverhältnismäßig teuren Anwälte bezahlen müsste. Endlich hätte die Familie zusätzliche finanzielle Ressourcen frei für Neues.

Während ihre Kameraden zur Blasmusik um den Platz marschieren, stehen die Paradesoldaten in Reih und Glied: Auch das kostet Geld!

Schon kurz darauf findet ein arrangiertes gemeinsames Abendessen der beiden Nachbarsfamilien Deutschland und Frankreich statt, das mit Höflichkeitsfloskeln überladen ist und mit eigentlich überflüssig gewordenen Machtbezeugungsritualen durch die anachronistischen Anwälte vonstatten geht. Deren Gegenwart kostet den beiden Familien ein weiteres stattliches Honorar. An den beiden Köpfen der Tafel sitzen “die Väter”, jeweils rechts daneben der Anwalt und links davon “die Mutter”. Die Nachbarstochter und Sie sitzen sich, als einzige mit offenherzigem Interesse aneinander direkt gegenüber. “Die Väter” beteuern, Ziel der ehelichen Verbindung sei, die Linie des gemeinsam kultivierten Grundbesitzes zusammenzuführen und weiterzuentwickeln. Die Anwälte nicken, was im Honorar inbegriffen ist.

Als Sie sich mit der Nachbarstochter Polen am nächsten Tag treffen wollen, werden ihnen wieder die hundsteuren Rituale der Anwälte aufgezwängt, bei denen keine richtige Leidenschaft zwischen “den Versprochenen” aufkommen mag. Und auf Ihre Frage, wozu wir denn zwei Anwälte bräuchten, wir seien doch nun eine Familie, für deren gemeinsames Interesse einer ausreichen würde, wird Ihnen erwidert: „Trotzdem seien wir zwei souveräne Familien, die autonome, wenngleich gemeinsame Interessen vertreten.“ Auch bei den nächsten Treffen sind “die Väter und Mütter” nicht bereit, über die Frage der Anwälte zu entscheiden.

Als nun der Tag der Hochzeit naht und eine hitzige, von den hochdotierten Anwälten moderierte Debatte darüber ausbricht, wie man Ihr neues Haus am Fuße beider Grundstücke finanzieren könnte, kommen “die Mütter und Väter” zur Übereinkunft, einen Kredit dafür aufzunehmen, den Sie und Ihre Zukünftige abzahlen sollen. Auf Ihren Einwand, einfach bei den Anwaltskosten zu sparen, werden Sie mit dem Hinweis vertröstet, dass alles seine Zeit brauche.

Am Tag Ihrer Hochzeit (bereits Eigentümer eines mit Hypotheken belastetem Haus) legen Ihnen die Anwälte noch kurz vor der Zeremonie einen Ehevertrag vor, durch den vor allem die Souveränität der beiden Familien gewahrt bleiben und durch die beiden Anwälte gesichert werden soll, in Gelddingen allerdings leben Sie von nun an mit dem Kopf in der Schlinge.

Schließlich geben Sie Ihr Ja-Wort. Und Sie werden das Gefühl nicht los, dass diese Ehe halbherzig ist und keine sein soll und die Scheidung Sie irgendwann sehr, sehr teuer zu stehen kommen wird.

Umdada-umdada-Hörprobe. Das kostet alles Geld!

PS: Deutschlands Verteidigungshaushalt wird derzeit mit rund 28 Milliarden Euro beziffert, Volkswirte meinen, das sei eine Dunkelziffer, die Wehrpflicht sei knapp 20 % teurer.

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Mères et filles http://superdemokraticos.com/themen/koerper/meres-et-filles-red/ http://superdemokraticos.com/themen/koerper/meres-et-filles-red/#comments Fri, 23 Jul 2010 13:54:32 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=515

Filmhuis Zevenaar, Maandag 19 Juli 2010. Foto: René Hamann

Ein arbeitsloser Schauspieler. In einem französischen Spielfilm mit holländischen Untertiteln. Im Filmhaus. Mit Pausen zum Teetrinken. Zum Rollenwechseln. Die Liebe. Jeden Tag Fleisch. Die Geschichte, wie sie sich kennen gelernt haben. In einer Diskothek. Zum Abschied hat er sie gefragt, ob er sie wiedersehen dürfe. Ja, warum nicht, sagte sie. Und erzählte ihm gleich darauf, wie es um sie bestellt war, in welcher Situation sie steckte. Sie war noch verheiratet, aber ihr Mann war ausgezogen, sie haben ein gemeinsames Kind, eine Tochter. Ihr Mann sei fremdgegangen, immer wieder, mit immer anderen Frauen, sie habe aus Frust wieder angefangen zu rauchen. Wie er denn nach Hause komme, wollte sie wissen. Ich bin mit dem Bully hier, sagte er, einem umgebauten VW-Bus, dort wolle er sich erstmal hinlegen und morgen früh, wenn er wieder nüchtern sei, fahre er dann nach Hause. Sie hat gegrinst und ist am Morgen mit einem Frühstückspaket vor dem Bully erschienen und hat ihn wach geklopft. Da hat er gestaunt. Später hat sie seine Wohnung nach Utensilien anderer Frauen durchsucht, nach Spielsachen, Anzeichen für irgendwelche Kinder, aber es ließ sich nichts finden. Das überraschte sie. Er war ein Junggeselle, Anfang 40, keine Kinder, selbst Scheidungskind, wie sie. Wie ich übrigens auch. Vielleicht sollten wir Scheidungskinder unter uns bleiben, vielleicht funktioniert es dann.

Obwohl ich es schon merkwürdig gefunden hätte, mir kurz nach dem Kennenlernen ihre Geschichte anhören zu müssen. Und dass sie mit Frühstück auftaucht, wenige Stunden später, kann man romantisch oder charmant finden, aber auch bedrohlich. Jeden Tag Fleisch. Jeden Tag muss gegessen werden, von Esssucht redet da keiner; wer allerdings jeden Tag Liebe machen möchte, gilt schnell als sexsüchtig. Nicht, dass ich es wäre, nein, nein. Ich bin nikotinabhängig, höchstens. Ich habe meine erste Zigarette mit fast 18 erst geraucht.

Jedenfalls, eine Romanze ist eine Romanze, und es werden immer nur Romanzen begonnen. You wanna fuck her, make her love you, sagte der Padre zu seinem Sohn in The Sopranos. Ein arbeitsloser Schauspieler. In dem französischen Spielfilm sah es so aus, dass die Tochter eine männliche Bedienung eines kleinen Restaurants aufgabelte. Jeden Tag Fleisch. Für eine Nacht. Ich dachte darüber nach, ob das einfach nur ein dramatisches Mittel war, diese Aufrissszene, so wie der Mord an der Großmutter zum Schluss, ein Film, ein Buch, eine Handlung kann ja nicht mehr ohne einen Mord oder eine Liebesszene auskommen, geht ja nicht. Verdorben, ruiniert durch Filme. Ich dachte immer, das Leben wäre auch so oder sollte zumindest so sein. Letzteres denke ich immer noch. Wie ich denke, ich hätte eine Französin heiraten sollen, wie jene in dem Film, die von der Bedienung nach der Liebe gefragt wird, ob sie verheiratet sei, ob sie einen Mac hätte. Nein, nein. Die Szene bleibt einmalig. Allerdings ist sie schwanger.

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