Buenos Aires – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Bertolt Brecht Roadkill (Berliner Chronik in 6 Akten) http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/bertolt-brecht-roadkill-berliner-chronik-in-6-akten/ http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/bertolt-brecht-roadkill-berliner-chronik-in-6-akten/#comments Mon, 29 Nov 2010 10:59:42 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3245

1. Berlín, Pulquería

Vor ein paar Wochen lud mich Nikola Richter in ihre schöne Kreuzberger Wohnung zum Essen ein. Niko ist eine junge deutsche Frau, die, abgesehen davon, dass sie eine exzellente Schriftstellerin ist, Jazzgeige lernt und verschiedene kulturelle Projekte mit der Geschicklichkeit einer Logos-Athletin leitet.

Bevor wir uns an jenem Abend an den Tisch setzten, sagte ich zu ihr, dass Berlin sich – mit der Geschwindigkeit und der Gewalt eines Blitzes – in das Hätschelkind des Parnass meiner Lieblingsorte verwandelt hatte. Möglicherweise erschien Nikola diese Behauptung etwas frühreif, aber sie akzeptierte sie mit einem Lächeln, während sie die Zucchini in die vorgefettete Pfanne legte.

Die Nudeln waren ausgezeichnet, fast so gut wie das Gespräch. Wir haben über alles Mögliche geredet, von alternativen argentinischen Verlagen (wie Clase Turista) bis hin zu den intimen und aufschlussreichen Eindrücken, welche die verschiedenen Mitwirkenden von „Los Superdemokraticos“ bei uns hinterließen. Ja, ich stimme Luis Felipe Fabre zu: Es gibt nichts Schmackhafteres als literarische Gerüchte, so gingen wir ohne die Last des Gewissens zum Vergnügen über.

Die Nacht davor haben wir den ein oder anderen Mezcal in der „Pulquería“ Kreuzbergs getrunken, gegenüber vom Görlitzer Park. Ich hatte gerade eine fast 20stündige Reise hinter mir, mit Zwischenlandungen und Flughafen-Wartezeiten, aber ich beschloss, mich der lustigen Truppe anzuschließen und mich vor dem Schlafengehen zu betrinken. Das könnte ich gleich nutzen, so dachte ich, um allen das Amulett, das ich vor ein paar Wochen in Buenos Aires erstanden habe, zu zeigen: einen Plastik-Gorilla, der aus dem Mund Feuer spuckt und seinen Blick mit Infrarot-Licht entzündet.

Es war die totale Freude, als ich meinen neuen Freunden ihre Gauloises damit anmachte… Alle zeigten sich vom Feuer des magischen Affen in den Bann gezogen. Vor allem ein Mädchen, Aline-Sophia, die auch in Delfine verliebt ist.

2. Lucullus, der Prozess

Beim Schreiben vollziehe ich ein Crossover. Ich gehe von einer Sprache in eine andere über. Ich bin ein Geschichtenerzähler, der von seinen Lügen bis zum Text reist.

Auf der Seite sehe ich wie das, was ich vorher erfunden habe, stirbt. Und dieser Kadaver ist es, den einige Literatur nennen.

Wenn ich gefragt werde, warum ich zu schreiben begann, habe ich zwei, oder sogar drei Geschichten als Antwort parat. Es kommt darauf an, ob ich in einer Bar oder in einer Buchhandlung bin. Oder ob mich ein Journalist fragt. Ich wähle die Geschichte je nach meinem Umfeld und meiner momentanen Stimmung aus.

Der Ausgangspunkt für meine Liebe zur Poesie, so erzähle ich Nikola, während ich meine Gabel in der Zucchini-Pasta versenke, lag in einer Oper in gebundener Rede: „El proceso de Lúculo“ von Bertolt Brecht.

Mit 17 spielte ich als einer der Schauspieler das besagte Stück mit der Theatergruppe der Schule. Meine Rolle war die des „Schattens“, der mit fahler Stimme das Gewissen des römischen Generals Lucullus anklagt, der kurz davor steht in der Intra-Welt verurteilt zu werden. Die fahle Stimme, der Schatten, geschminkt im Stil von Brandon Lee in The Crow (Die Krähe), erklärt dem Publikum das Ausmaß des Schadens, den der Diktator seinem Volk zugefügt hatte. Die Figur spricht auf eine metaphorische Weise, elliptisch, und entfaltet eine dichte Aura des Mysteriums, während die anderen Figuren, die Mitglieder des intraweltlichen Gerichts, sich von einem triumphalen Fries lösen.

Es ist sehr witzig, sehr seltsam, aber niemand von meinen Bekannten hat jemals dieses Stück von Brecht gelesen. Nichtmal die Brechtischsten unter den Brechtischen. Es hat sogar schon mal jemand mir gegenüber angedeutet, dass die Regisseurin der schulischen Theatergruppe möglicherweise den Autor verwechselt hat und wir schlussendlich das Stück eines anderen inszeniert hätten. Eine befreundete Schauspielerin, die etwas dreister, skeptischer und misstrauischer ist, sagte zu mir, dass es sich unter Umständen um eine Farce handelte, etwas, das ja in der Welt des Theaters gar nicht so ungewöhnlich ist: ein Werk, das von genau der Regisseurin verfasst wurde, die zu uns aus einer seltsamen Mischung aus Schüchternheit, Opportunismus und Scham meinte, dass das Stück von Brecht sei.

Ich erinnere mich daran in den letzten Jahren öfter Google-Suchen gestartet zu haben, alle vergeblich. Ich gab „El proceso de Lucullo“ ein – nichts, kein einziges Ergebnis… Manchmal habe ich „El proceso de Lucuyo“ eingegeben und die Leere wurde noch unermesslicher. Es kam sogar so weit, dass ich dachte, das Stück hätte in Wahrheit nie existiert und mein Kopf habe es nur erfunden, um dem Moment meiner Initiation in die Kunst einen würdevollen Ursprung zu verschaffen. Nikola war von der Geschichte fasziniert und schlug mir vor das Brecht-Haus und sein Grab, das sich auf dem Friedhof genau gegenüber von seinem Wohnhaus, in der Chausseestrasse, befindet, zu besuchen. Mit Begeisterung antwortete ich ihr: Ja, das müssen wir machen, sobald es geht, dorthin gehen, fragen, Fotos machen, und es dazu nutzen, dass ich eine Chronik über die Suche nach diesem unbekannten Brecht-Stück schreiben könne.

Das wäre ein perfekter Text für Los Superdemokraticos!

3. Fotos im Görlitzer Park

Am Morgen des 12. November 2010, einem Freitag, hatte ich einen Termin mit dem Fotografen Ekko von Schwichow, im Görlitzer Park, zu einer Fotosession.

Die Nacht davor hatte ich meine Lesung auf der Latinale. Ich las verschiedene Gedichte, wahrscheinlich nicht diejenigen, die ich bevorzuge, aber ich kam mit einem blauen Auge davon. Obwohl ich eigentlich ein „alter Hase“ bei öffentlichen Lesungen bin, war ich diesmal wesentlich nervöser als sonst und brachte sogar die Reihenfolge der Seiten, von denen ich las, durcheinander, was mich dazu zwang, das Lesen meines wohl besten Gedichtes zu unterbrechen. Ich musste die Veranstaltung vor einem erwartungsvollen Publikum im Saal des Berliner Instituto Cervantes eröffnen.

Als er mich in den Park kommen sah, fragte mich Ekko wie es mir bei der Lesung ergangen sei. Ich zog es vor ihm, die Details nicht zu erzählen und fasste alles mit dem klassischen „Gut, sehr gut“ zusammen.

Ekko von Schwichow machte unter anderem schon Aufnahmen von Haruki Murakami, Susan Sontag, Jean Baudrillard, Umberto Eco und Henning Mankell, aber das wusste ich vor dem Shooting noch nicht. Das war für mich von Nutzen, denn es erlaubte mir voller Ungezwungenheit zu posieren, mich mit einer gewissen Verwegenheit durch die herbstliche Berliner Gegend zu bewegen (wenn man von meinem blutenden Kater absieht).

Als das Shooting vorbei war, erzählte mir Ekko von seiner Leidenschaft für das brechtsche Werk, einfach so, ohne ersichtlichen Grund. Das kam mir weder seltsam, noch mystisch vor… bedenkt man die Popularität, die der Dramatiker, vor allem in Deutschland, genießt. Brecht zu mögen ist fast schon natürlich, deshalb fragte ich Ekko, ob er das Theaterstück „El proceso de Lucullo“ kenne.

Wie alle anderen auch, verneinte er dies.

4. Rery, Superdemokratica

Die Vergangenheit ist ein Polaroid der Zukunft. Und die ewige Gegenwart ist die Bewegung der Fotografie in unseren Händen, während sie sich entwickelt.

Als ich Rery Maldonado (die andere Kommandantin von Los Superdemokraticos, neben Niko) kennen lernte, fühlte es sich an, als würde ich eine Bewohnerin meiner Zukunft und meiner Vergangenheit treffen, die sich in dieser Gleichzeitigkeit präsentiert. Der Archetyp der kämpferischen Frau in bolivianisch-deutscher Version, die einfach so auf mich aufpasst. Eine Süßigkeit, ein Bonbon aus anarchistischem Zyanid.

Rery ging nach Bolivien, gleich nachdem die Latinale vorüber war, und überließ mir deshalb leihweise ihre Wohnung, die auch in Kreuzberg liegt. Eine schöne Wohnung, geräumig und voller Bücher, in der ich begann, Werke von Brecht zu suchen, um mich dann von den verschiedenen Wundern ablenken zu lassen, die ich fand: von Drei traurige Tiger bis hin zur ersten Ausgabe von Entre la piedra y la cruz (Zwischen dem Stein und dem Kreuz) von Mario Monteforte Toledo.

Als ich mich bei Rery eingerichtet hatte, war das erste, versuchte ich als erstes, ins Internet zu kommen, wie ich es immer mache. Aus irgendeinem Grund konnte ich das WLAN nicht benutzen und musste deshalb den Computer meiner Freundin anschalten… Die deutsche Tastatur verursachte mir zu Beginn schwerwiegende Probleme, aber ich konnte sie mit Hilfe meiner Erfahrung mit der französischen Tastatur bändigen.

An jenem Nachmittag las ich die Mails und stieß auf diese Email von Ekko von Schwichow:

„Hallo Alan,

wie läuft deine Nachforschung? Das Stück von Brecht, das ursprünglich für das deutsche Radio geschrieben wurde, heißt: „Das Verhör (interrogatorio) des Lukullus“, 1951. Hast du sonst noch was gefunden?

Ich schicke dir als Anhang die Daten der Bilder – wenn sie dir gefallen, sag mir welche genau; ich hoffe du kannst die Nummern sehen??

Liebe Grüße

Ekko“

Als ich diese Mail las, wurde mir klar, dass ich aus einem einfachen Grund niemals Ergebnisse für den Prozess des Lukullus auf Google gefunden habe: ich hatte „Lucullo“ oder gar „Lucuyo“ in das Suchfeld geschrieben…

Wieder einmal wurde mir bewusst, dass ein paar Buchstaben den Übergang in die unbekannte Dimension bilden können.

5. Berlin, Axolotl Roadkill

Vor einer Woche konnte ich, dank Johanna Richter (die übrigens nicht mit Nikola Richter verwandt ist) den touristischen Rundgang absolvieren und die Fotos machen, die ich mich immer weigere zu machen, wenn ich Reisen dieser Art unternehme. Ich hatte mich dazu entschlossen, da ich kürzlich in einem Artikel las, dass die touristischen Orte von den Snob-Reisenden vermieden werden, ohne dass diesen klar wird, dass diese Orte berühmt für etwas sind, dass es einen Grund für ihre Popularität gibt.

Im Fall von Berlin bestätige ich diese Behauptung. Die gesamte, für die Touristen bereitstehende Szenerie ist wirklich magnetisch. Eine Stadt, die die historische Erinnerung als Referenz für den Konsum von Bildern der Postmoderne benutzt: meta-historischer Tourismus.

Ich machte einige Bilder mit der Kamera von Johanna, die mit mir eine gekürzte, aber effiziente Tour durch die Zone, in der die Mauer stand und durch das Zentrum machte, mitten im aufkommenden Berliner Winter.

Die Konversation bei der Rückkehr nach Kreuzberg war eine wahre Freude: Johanna macht ihren Doktor in Literatur des 19. Jahrhunderts und sprüht vor Weisheit. Ein Teil unseres Gesprächs drehte sich um den aktuellsten und aufsehenerregendsten Fall von Plagiat in der deutschen Literatur: das Buch Axolotl Roadkill von Helene Hegemann. Es handelt sich um einen Roman (Bestseller), in dem die Technik der Montage verwendet wurde, Fragmente von Blogs und Büchern, welche die Autorin gelesen hatte, wurden darin wiederverwertet. Ausgehend von diesem Fall, diskutierten wir lange über die Grenzen der Urheberschaft, über die Gestaltung eines Buch in der heutigen Zeit, wie das Schreiben funktioniert, usw.

Wir haben auch unsere Nostalgie für Ezequiel Zaidenwerg geteilt, der nach dem Abschluss der Latinale Deutschland verlassen hat. Eze, wie wir Freunde ihn nennen, war zweifelsfrei die Offenbarung des Treffens lateinamerikanischer Poeten in Berlin, er zog das Publikum mit der Kraft und der Eleganz seiner Poesie in seinen Bann. Dieser geschätzte Freund und argentinische Dichter war gemeinsam mit der Puerto Ricanerin Mayra Santos Febres, die am stärksten leuchtenden Perlen der Veranstaltung.

Es bleibt nur nebenbei zu erwähnen, dass Mayra mir mit der Hilfe ihrer Orishas, während eines Abendessens, fast am Ende des Festivals, eine spirituelle Lesung abhielt. Den Nagel auf den Punkt treffend, sagte sie zu mir: „weißt du, du fühlst einfach genau das, was die anderen auch gerade fühlen“…

Und ja, das ist es was mit mir los ist.

6. Brecht, der Affe

Während wir auf einer wirklich, aber wirklich verrückten Party, ebenfalls in Kreuzberg, tanzten, erklärte ich Barbara Buxbaum, meiner Übersetzerin und Freundin, warum ich schlussendlich das Haus von Brecht doch nicht besucht hatte:

– Naja, weißt du, der Affe. Erinnerst du dich? Der, der aus dem Mund Feuer spuckt? Der hatte meine Seele all die Tage entführt, mir die Freiheit genommen… und mir nur erlaubt zu feiern – sagte ich.

– Ach, mein lieber Axolotl – antwortete Barbara und lachte laut auf.

– Aber wir waren auf einem Konzert von Brecht-Weill, mit Nikola – füge ich hinzu.

Bilder: Alan Mills

Übersetzung: Barbara Buxbaum

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Ego http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/ego/ http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/ego/#comments Thu, 30 Sep 2010 14:47:18 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2402

Wie immer kritzelte ich viele Dinge in meinem Kopf, in mein Handy und in meinen PC bevor ich anfing, diesen Abschied zu schreiben. Ich wusste nicht, ob es die bessere Strategie sei, von dem zu sprechen, was ich während des gesamten Arbeitsprozesses mit euch fühlte, oder ob ich eine Bilanz der Zeit ziehen sollte, wie ein kahlköpfiger Chronist, der von den Schreien erzählt, die von der Straße, von meinem Häuserblock zu ihm dringen. Die Gewissheit geben, dass sich die Dinge hier im Süden so stark wie noch nie in alle Richtungen bewegen. Anmerken, dass „die Kultur Buenos Aires’ dank der neuen Generationen blüht und explodiert, welche nicht mehr von den Ängsten verfolgt werden, die die Superdemokraten quälten, die wir uns noch immer verpflichtet fühlen, die Demokratie, den Feminismus, den Reformismus, die individuelle, sexuelle, geistige Freiheit, die Freiheit der Prosa, die Freiheit von Soldaten, die uns bei nächtlichen Spaziergängen blutig schlagen wie sie es mit unseren Eltern taten, zu unterstreichen, aber die wir doch das Gewicht der Finger spüren müssen, die auf uns zeigen, Finger von Freunden, von Nachbarn, Finger, die uns befingern.“ Wie dem auch sei, ich bin nicht wie dieser verkleidete Magier, der am Ende seiner Show seine Tricks preisgibt, sodass ich nicht dazu verpflichtet bin, solche Argumentationspfade zu wählen, ich bevorzuge das Spontane.

In den letzten Jahren wurde mein Ego durch eine Reihe von Misserfolgen, Fehlgriffen und Verlusten brutal verletzt. Teilweise ursächlich, teilweise zufällig brachten sie mich in eine Art dauerhaften Notstand, durch den ich Gebiete zweifelhafter Konsistenz durchfahren musste. Sodass ich mich, als die Superdemokraten mich dazu einluden für sie zu arbeiten, zum ersten Mal in langer Zeit glücklich, erfüllt, verstanden und vor allen Dingen anerkannt fühlte. Sie zahlten nicht nur einen kleinen Lohn, der es mir ermöglichte, einige unentbehrliche, weltliche Unkosten zu begleichen, sondern schenkten mir zugleich die Freiheit, zu schreiben, was meine Eier krähten. Das Angebot war so attraktiv, dass es unmöglich schien: „Agustín, du darfst schreiben was du möchtest über Dinge, die das zeitgenössische Leben betreffen“ …der Traum eines Autors, der wahr geworden ist… ich erinnerte mich unweigerlich an Bukowski, während er die Fenster der LA Times putzte und über die Ungerechtigkeit nachdachte, dass seine politischen Überzeugungen zu einem Scheuerschwamm mit Essig und Waschlauge reduziert worden waren. Meine winzigen Zeichen sollten von so vielen so weit entfernt gelesen werden… ich war wirklich glücklich… Aber die Vergänglichkeit scheint das gemeinsame Element des Glücks und der Träume zu sein: Ich spaziere mit meiner Liebe durch die Straße, die mich in einem beständigen und strahlenden Sepia an der Hand nimmt, die Augen, der Tastsinn, der Geruch der frühlingshaften Brise, die uns mit prächtigem Kitsch bedecken, um sofort – die Lampe, die Matratze, die von Baires (Buenos Aires) zersetzte Decke, Radio Risa (Lachen), Gelächter-TV, die Lieblosigkeit – in die feuchte Wirklichkeit der Straßen zurückzukehren, um einen ehrbaren Beruf zu suchen, der mich ins Schwitzen bringt und meine Taschen füllt, um sie später wieder leeren zu können.

Diese Erfahrung war äußerst neuartig und bereichernd für mich. Ich fühle mich wie ein Typ, der sich unter eine Hochzeitsgesellschaft geschmuggelt hat ohne irgendjemanden zu kennen: Kommen Sie von der Seite des Bräutigams oder der Braut?…. mmm… von der Seite der Braut, ich bin der Cousin aus dem Süden… schauen Sie, jetzt grüßen sie und sicherlich möchten sie Sie sehen… machen Sie sich keine Sorgen, ich gehe gleich… Der Traum, ich betone, endet immer. Aber niemand kann mir mehr die Erinnerung an den Walzer, die mit Schinken und Käse belegten Sandwiches, die elaborierten warmen und kalten Gerichte, mit versengtem Fleisch bei Tagesanbruch vom launigen Popöchen einer bereits in die Jahre gekommenen Tante nehmen. Einige Menschen mögen uns schweigend entdeckt haben, andere werden in uns, und ganz besonders in mir, diesen Cousin aus dem Süden gesehen haben und einige, ganz wenige, sicherlich jene, die sich selber hinein geschmuggelt haben, werden gelacht oder sich gewundert haben über die Metaphern, die Witze, die Exzesse, die tränenreichen Momente:

Dies ist der letzte Absatz, den ich schreibe. Ich weiß es während ich es tippe, ich klopfe auf die Buchstaben und möchte nicht aufwachen… es gibt keinen Text mehr in meinem Kopf noch in den Spitzen meiner Finger… es verschwindet… es verschwindet… ciao!… ich mag euch sehr… auf dass es nicht abbricht!!!… lieben Dank Rery, Marcela, Nikola, wirklich, tausend Dank!!!!!

Du musst die Besitz ergreifenden Beziehungen beenden! Töte sie! Betrachte sie, als ob es sie nicht gäbe!
Aber muss ich auch meine Eltern töten? fragte der Novize.
Wer sind sie, dass ihnen verziehen wird? antwortete der Meister.
Und Sie, Meister, sagte der Novize, muss ich Sie auch töten?
Der Meister lächelte und sagte: „Mach dir keine Sorgen, von mir bleibt nicht genug übrig, um an mir die Hand anzulegen.“

Die Lehren des Xu yun

Folgende waren meine Beiträge für die Superdemokraten:
1-Ich bin immer ein Beobachter gewesen, der Gefühle ernst nimmt
2-Die Straßen, erneut…
3-17. Oktober 1945
4-Digitale Körper I: 26 Minuten Cybersex (+18)
5-Digitale Körper II: Swinger Club (+18)
6-Erleuchtende Spannungen
7-Teleskope und Mikroskope
8-Globalisierung ist Internet

Übersetzung: Marcela Knapp

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Die Mango unterm Weihnachtsbaum http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/die-mango-unterm-weihnachtsbaum/ http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/die-mango-unterm-weihnachtsbaum/#comments Tue, 21 Sep 2010 20:18:53 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=1901 Dass es so etwas wie die Globalisierung gibt, begann ich zu ahnen, als ich einmal ein Glas Gurken aus dem Vorratskeller holen sollte. Ich entschied, heimlich auch nach Keksen zu suchen. Und stieß dabei auf eine zusammen gezimmerte Holzkiste mit bunten Aufklebern aus verschiedenen Ländern.

Am Tag des Gurkenglases war ich erst sechs oder sieben. Ich begann, Fragen zu stellen und erfuhr: Mit dieser Kiste war meine Mutter als junge Frau in die USA gereist, um dort als Kindermädchen zu arbeiten. Sie hievte die Kiste auf ein Schiff, einen Koffer hatte sie nicht. Bis dahin hatte ich mich nicht darüber gewundert, dass wir ständig Briefe aus Amerika oder auch Indonesien bekamen. Dass meine Mutter manchmal Marsh Mellows kaufte und Früchte kannte, von denen ich noch nie gehört hatte. Zu Weihnachten versuchte mein Vater immer, eine Mango aufzutreiben, weil meine Mutter sich auf ihren Reisen in diese Frucht verliebt hatte. Wenn er es schaffte, eine zu bekommen, lag die Mango in Geschenkpapier verpackt unter dem Weihnachtsbaum und meine Mutter war gerührt. Ich begann, mich für exotische Früchte und Fremdsprachen zu interessieren.

Wobei, eigentlich verstand ich die Sache mit den Früchten erst, als es in der Obst- und Gemüseecke bei Kupsch und Kaufland plötzlich Mangos gab, zu jeder Jahreszeit, ganz selbstverständlich, als gehörten sie auf unseren Speiseplan, wie Kartoffeln oder Rote Beete. An Weihnachten tat meine Mutter weiterhin so, als wäre sie jedes Mal wieder unendlich gerührt, dass eine Mango unter dem Baum lag. Aber alle im Raum wussten, dass die Überraschung und das „wo hast Du DIE denn bloß her?“ gespielt waren. Jeder konnte jetzt Mangos kaufen. Damals gab es auch die ersten Kiwis, ich kann mich daran erinnern, dass ich bei der ersten nicht wusste, wie ich sie essen sollte. Und von der praktischen Frucht begeistert war: aufschneiden, die Hälften auslöffeln. Toll. Erst später verstand ich, dass Globalisierung mehr als exotische Früchte bedeutete. Und welche fatalen Konsequenzen sie (in Kombination mit grenzenloser kapitalistischer Gewinnsucht) für die Schwachen auf der Welt hatte. Und dass das Land, in dem ich aufgewuchs, eine Enklave des Glücks war in einer Welt, in der der verdammt viel verkehrt lief.

Wenn Freunde mich in Buenos Aires besuchen, sehen sie eine moderne Stadt. Und sind dann immer wieder überrascht, dass man sich trotzdem „weit weg“ fühlen kann, weil sie nicht wie gewohnt mit ein paar Klicks alles erledigen können. Und wundern sich, dass es ein Land gibt, in dem längst nicht jeder Lady Gaga kennt. In dem man so gut wie keine iPods in Bus und U-Bahn sieht. Über eine Währung, die man im Ausland nicht eintauschen kann. Einen Miele-Staubsauger, für den man keine Beutel mehr bekommt, weil sie nicht mehr importiert werden. Über ein Land, in dem man keine Bücher bei Amazon bestellen kann, ohne dann zur internationalen Post fahren zu müssen, dort zwei Stunden zu warten, und dann eine hohe Zollgebühr zu zahlen. Und in dem man keine MP3s in internationalen Online-Stores kaufen kann, weil man dafür am falschen Fleck wohnt, eine falsche IP-Adresse hat: „Das gewünschte Produkt unterliegt geographischen Einschränkungen“.

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Against the nap http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/against-the-grain/ Tue, 10 Aug 2010 07:43:50 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=719 9am, we’ve got an incredible sunny day. I prepare myself some mates and I switch the computer on to start working. Sun comes thru the window and dazzles me… I can’t resist it, I’ve got to go out. I go out.

It’s the perfect morning to take the bike. Sometimes, walking or cycling help my thoughts to create a rhythm… I start imagining possible mental routes of the city, that might help me with my own story about History.

I don’t really think there’s any historical truth, because truth itself is never one, and, as we already know, History is written by power. There are, that’s true, different stories of History. And as long as History is alive, in perpetual motion, it allows us to take our part and to modify it.

For example, look at this square, full of railings. All squares in town are in prison! It’s strange, but I think History can be read in these gestures; these gestures are those, which weave a city’s tale and tell us a story.

And look, here’s the Congress, the National Congress, and just a few metres away is May’s Square, where the Mothers make their famous round with handkerchiefs in their heads, the Town hall where our freedom and everyone’s equality were declared, and there, a couple of metres away, Roca’s monument. Among so many democratic symbols, the city tributes the racist genocide who established slavery in 1879, before eliminated by our progressive Year XIII Assembly. And there is General Roca, who even has a museum (named as him) full of pictures of all the First Nation people he massacred. That’s the own history that carved bodies and cities, and our bodies and our city were shaped by repetitive terror since 1930 from our military governments, which were almost as many as our civil governments.

Then, if I had to map the city today, I would do it from these symbols, a national hero in every avenue, a railing in every square, places used at the last military dictatorship as clandestine detention and torture centres, just to end, straight away, with the current, savage and systematic evictions operated by Macri’s Buenos Aires government (just to satisfy his real estate millionaire business) against community centres, retrieved by social and neighbours’ organizations that promoted culture, memory and social and political thinking as only aims.

Look, here was Almagro’s Assembly, over there Orgázmika’s Orchard, there Trivenchi’s Cultural Centre, in that building of Chacarita more than eleven organizations were operating, and there, at Villa Urquiza, were Casa Zitarrosa and 25 de Mayo cultural centre, and many others…

That’s the story, the natural semantic of a city that severely addresses me.

But in this mapping I would also include the other side, all resistance spaces, collectives, organizations and different projects, which cast doubt upon hegemonic system from their headquarters.

To cast doubt upon this, is start thinking History against the nap, is generate thinking spaces to represent the world, and they are essential to define a critical position.

I do cast doubt upon schoolbooks, lying maps, intoxicating information monopolized from economic groups, a divided country, History made from stories told by those who dominated, institutionalized stories, institutions itself, those stories which place out of the map the First Nations, the weak, the different and the poor, those who literally fall off the map.

And in that other side, the most powerful symbol is those women, Mothers and Grandmothers of the Mayo Square, insubordinate and disruptive, who recovered for the whole country a social imaginary of resistance against an oppressive system, of struggle and confidence in unity and solidarity from both individuals and people: to me, they are the specific example that change is possible and that, as Osvaldo Bayer says, “in History Ethics always win”.

Translation: Ralph del Valle

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