Tilsa Otta – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Zu viele Süßigkeiten http://superdemokraticos.com/laender/peru/zu-viele-susigkeiten/ Fri, 24 Jun 2011 08:20:56 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=4208 Die Superdemokraticos boten mir an, ausgehend von der Wahrheitskommission, einer Institution, über die ich letztes Jahr auf dem Blog schrieb, diesmal eine Abhandlung über das Thema Lüge zu verfassen. Gerne werde ich dieser Bitte nachkommen und im Anschluss von der Lügenkommission berichten, dem am weitesten verbreiteten und traditionsreichsten Netzwerk der peruanischen Gesellschaft.

 

Ich versuche mich kurz zu fassen, denn – wie sagen die Süßwaren-Verkäufer in den Bussen so schön – ich möchte ja nicht eure schöne Fahrt unterbrechen, ich komme nur eben vorbei, um dieses Produkt anzubieten, und ich mache diese Bemerkung nicht wegen euch, sondern weil ich selber viel zu viele von diesen Süßigkeiten gegessen habe.

Perus interner Krieg begann mit dem Zusammenstoß „Die subversive Gruppe Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad)“ vs. „Das peruanische Militär“. Er verwandelte sich schnell zu einem Massaker, bei dem die Bewohner der ärmsten Gegenden – dort, wo die Rebellion angefangen hatte – systematisch von beiden Fronten geschändet (die Damen) und hingerichtet (Herren und Kinder) wurden. Der aktuelle Stand: etwa 70.000 Tote. Diese Verluste wurden von einem Land mit dem schwersten und übergangenen inneren Konflikt schlicht und ergreifend jahrelang ignoriert, bis eine kurze und scharfsinnige Übergangsregierung nach einer brutalen Diktatur das Licht der Welt erblickte und wie ein Psychoanalytiker notierte: Denk daran, das lässt dich nicht weiterkommen. Und sie macht sich daran, eine Wahrheits- und Versöhnungskommission einzusetzen: für öffentliche Anhörungen der traumatisierten, quechua-sprachigen Verwandtschaft, die das „moderne“ Peru lieber vergessen würde, für Militärsanktionen und zivile Entschädigungen, welche die folgenden Regierungen nicht übernehmen wollen.

Das ist eine Dosis Wahrheit, der sich nur eine Lügenkommission entgegenstellen konnte, die auf ihrem monumentalen, gestreckten Mittelfinger jenes weise Sprichwort Platons schwenkt: WER DIE GESCHICHTE ERZÄHLT, LENKT DIE GESELLSCHAFT. Dieser schleimige Organismus unterwandert die gesamten soziale Struktur, sein Ursprung waren „gewisse“ Politiker, aber zu seinem tatsächlichen Ruhm verhalfen ihm die Medien (so, dass war mein Spruch, ich steige hier wieder aus dem Bus, denn ich komme gerade von einer dieser Wahlveranstaltungen, die dich so hart auf den Boden der Tatsachen zurückwerfen, als wärst du gegen Holz gerannt). Da wir so sehr daran gewohnt sind, betrachten wir die Lüge, die Demagogie lediglich mit einem Stirnrunzeln und akzeptieren fast die falschen Versprechungen als eine natürliche Charaktereigenschaft der Machthabenden, als inhärenten Defekt der Politiker-Klasse. Und ich fragte mich voller Angst, ob sich die Legitimierung der Verlogenheit im Alltag reproduziert; ich dachte eigentlich nicht! Denn ich kann immer noch sehen, wie der Nächste denunziert, ihm die Maske vom Gesicht gerissen wird, wie Kinder für Lügen und Betrunkene für die Wahrheit getadelt werden. Es gibt eine gewisse Rangordnung: wichtiger als der Anstand ist die Verteidigung eines persönlichen Territoriums der Wahrheit, das uns vor der von 58 Millionen Händen verfassten Fiktion retten wird.

In politischer Hinsicht glaubt jeder an das, was ihm passt; um seine Position, seine Sicherheit behalten zu können, gibt es für jede Tendenz und Zweckmäßigkeit ein Informationsmedium. Das brachte uns die Meinungsfreiheit bei: Wenn es dir nicht gefällt, schalte einfach weiter bis zu einem Sender, der eine Version bringt, die sich an deine Vorlieben anpasst.

An diesem Punkt angekommen könnte ich mich buchstäblich verlieren in all den Beispielen für Verheimlichungen, Täuschungen und Zynismus, die unser Erwachen zwischen der Überschrift und den täglichen Abschlusskommentaren schmücken. Aber ich beschränke mich auf einen einzigen Fall, den ich ergreifend lächerlich finde. Es handelt sich um die Geschichte eines Mannes, der die Willensschwäche aus der jungen Wählerschaft vertrieb (die Generation X, die sich ihre gesamte Lebenszeit darauf vorbereitete, keine X zu setzen, da sie die Worte der Politiker als leere Worte versteht, da Politiker ja keine Dichter oder Ähnliches sind). Er mobilisierte und begeisterte sie mit Marketingstrategien, unwiderstehlichen Farbdesigns und wahnsinnig unterhaltsamen Kampagnen in den sozialen Netzwerken. Dieses Post-Pubertäre Phänomen wurde über seine Initialen PPK bekannt, und ich habe es immer als äußerst unangenehm empfunden. Denn jeder Erwachsene oder Post-Pubertäre, der was auf sich hält, wusste bereits, dass er ein Spielball der internationalen Interessen ist.

Um sich von dem negativen Präzedenzfall Fujimoris, dem ehemaligen peruanischen Präsidenten, zu distanzieren, dessen doppelte Staatsbürgerschaft bekannt wurde, als seine Vergehen ans Licht kamen und er in einem Privatjet nach Japan flüchtete, wo er für Jahre Asyl erhielt, versprach PPK, seine U.S.-amerikanische Staatsbürgerschaft abzulegen. Während des Wahlkampfes bestätigte er, die ersten Schritte bereits eingeleitet zu haben und seine Fans glaubten ihm. Als er jedoch nach seiner Amtszeit erneut danach befragt wurde, erklärte er rotzfrech, dass diejenigen, die das geglaubt hätten, doch echt dumm sein müssten. Ich erinnerte mich an den Personalausweis von Fujimori, auf dem stand, dass er am 28. Juli geboren wäre, genau am Nationalfeiertag, was für ein außergewöhnlicher Zufall, auch das war eine Lüge. Er war nicht mal Peruaner. Eine Lüge, wir sind alle Peruaner.

Übersetzung: Barbara Buxbaum

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Vollkommen frei http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/vollkommen-frei/ Fri, 15 Oct 2010 11:32:55 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2495 Schwindelerregende Übungen. Die Vorstellung von einem vollkommen freien Abschied erinnert mich an den freien Fall. Die Tage vergehen, und ich bin blank. Nichts ist freier als ein weißes Blatt Papier, es ist der Gefangene, der schreibt, draußen eingesperrt, ein Gefangener Gottes.

Heute Abend werde ich rausgehen, um Ideen zu jagen, es wird mir gut tun, mich frei zu machen und die Rückkehr nach Hause wird von ganz alleine geschehen. Aufgrund der Kommunalwahlen am Sonntag ist es der zweite Tag der Prohibition. Wenn ich bei gesellschaftlichen Ereignissen absolut nichts trinke, ist es sehr wahrscheinlich, dass ich mich ablenke, mich vertiefe, Details beobachte, zerlumpte Fäden an den Gewändern der Könige, neurotische Mäuse, die in der Ferne den Weg kreuzen – dann werde ich es tun! Wie ein Engel, der sich eine unsichtbare Notiz macht, werde ich während der Verabschiedung einer Freundin zwischen den Menschen die Abschiedsrede schreiben. Ich werde mich umziehen und dann gehen.

Jetzt stehe ich auf einer großen Holztruhe an einem alternativen Kulturort. Eine Buchvorstellung wird von einer Performance begleitet. Die anderen Assistenten sind auf Meereshöhe, sodass ich eine privilegierte Sicht habe. Neben mir sitzt ein Freund auf einem Stuhl und trinkt einen Empfangscocktail (erster Verstoß gegen die Prohibition an diesem Abend). „Wir sind die Könige der Welt“, sage ich zu ihm. „Wir sollten uns küssen“, antwortet er. Später steigen Wini und ich aus dem Kombi und singen voller Gefühl „Hacer el amor con otro“ (Liebe mit jemand anderem machen) und beschwören die polemische Leidenschaft herauf, das dieses Lied in der Öffentlichkeit hervorrief als wir zehn Jahre alt waren. Ich beobachte und koste den zweiten Verstoß auf der Jubiläumsfeier eines Ladengeschäfts, das den Namen Reinkarnation trägt.

Ich bitte die Assistenten um Wörter, das Volk muss mich bei dieser Heldentat unterstützen. Aal-Perversion-Scheiße-Anziehungskraft-Schuldig. Düstere Ahnungslosigkeit der Anwesenden… Was tue ich? Verwandle ich gerade einen Artikel mit freier Themenwahl in eine Feldstudie über die Freiheit, die auf freien Assoziationen und zeitlich unpassenden Auftragserfüllungen basiert? Dieser Unsinn sprengt die Grenze zwischen literal und liberal. Auf den Straßen ist die Wahlpropaganda allgegenwärtig und auf der Verabschiedung trinken alle ohne Hemmungen. K informiert mich darüber, dass draußen berauschte und in unterschiedlichster Bedeutung entfesselte Menschenmengen beobachtet werden können, die durch die Straßen zirkulieren. Es scheint, als ob die Tage der Prohibition heute Volksfeste sind. Und während meine Freunde Strategien und Einfälle á la Al Capone aushecken, wächst in mir eine anthropologische Unruhe angesichts der Missachtung, der Anrufung des Chaos und des Gewohnheitsrechts, auf das sich Professor Perla bezog, aufgrund dessen sich eine Gewohnheit als Gesetz durchsetzen kann, wenn eine Gemeinschaft einstimmig seine Verwurzelung und seinen Nutzen beschließt.

Aber nun muss ich nach Hause zurückkehren, um zu schreiben und den Text einzusenden, ich bin im Rückstand und um mich herum drehen die Menschen durch. Ist es das Fest der Demokratie? Ich bange. „Kannst du nicht mit der Freiheit?“ fragt mich M. „Früher hatte ich keine Probleme damit, es scheint an der Monogamie zu liegen“, spaße ich, weil ich Frei bin wie die Schallplatte Libre (Frei), die Alejandra Guzmán 1993 herausbrachte. So, wie auf der Karte steht, die mir mein Pate Alejandro (ruhe er in Frieden) zur Erinnerung an meine Taufe zeichnete: „Du wurdest für die Liebe und die Freiheit geboren.“ Dem Lob dieser Werte widme ich mein Leben und nicht nur deshalb, weil es auf dieser Pappe geschrieben steht.

Es verblüfft mich, dass ich lange Zeit Liebesgedichte schrieb, ohne es zu wissen, aus dem Magen heraus – und nicht aus dem Hals heraus – sang, wie es die Gesangsmeister raten. Seit wann bringt mein Mund Schmetterlinge statt religiöser Gottesanbeterinnen hervor?

Liebend gerne würde ich weiter plaudern, aber ich muss diesen Brief dem Briefträger überreichen, der in meinem Zimmer wartet.

Wir werden uns wieder treffen, Autoren, Leser und Wähler, zum vereinbarten Gesetz, zum Fest der Superdemokratie.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Ein Bild zum Vorzeigen http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/ein-bild-zum-vorzeigen/ http://superdemokraticos.com/themen/globalisierung/ein-bild-zum-vorzeigen/#comments Thu, 23 Sep 2010 06:59:10 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=2041

Zufällige Begegnungen mit zufälligen Fremden in einem Telecafé: Meine Freundinnen der Oberstufe erforschten die unergründlichen Möglichkeiten des Internets, während ich Gedichte aus dem Netz in ein blaues Notizheft kopierte. Die ersten Fiktionen waren Lügen, aber der Spaß währte nicht lange, wenn du jemandem sagtest, du seist ein dicker Gefängnisaufseher, der um Mitternacht gelangweilt in einem Hochsicherheitsgefängnis kandierte Erdnüsse isst, weil niemals etwas passiert und du dich nicht einmal mit den Gefangenen unterhalten kannst, weil sie vor ihren Laptops sitzen und über hi5 neue Verbrechen koordinieren. Oder wenn du einem potentiellen Mann sagtest, du seist eine legasthenische Blonde mit Infarktpotential, die einst schwor, jungfräulich in die Ehe zu gehen, die aber in dieser einzigen Nacht beschloss, alles zum Teufel zu schicken und sich mit einem Nutzer des Latinchats im Bett zu wälzen. Relative Freiheit. Sie gleicht dem nackten Gang durch dein Haus, es ist kaum möglich, dich alleine zu bekleiden, bis du dich erkältest oder etwas Schlimmeres zuziehst. Sofortige Beratung bei medicinplus.com, das die Symptome feststellt. Du beschließt, aus reiner Neugier Gratisproben gegen bipolare Störungen zu bestellen oder außergewöhnliche sexuelle Störungen zu sammeln, um eine Erzählung damit zu füllen.

Der Akt der Registrierung war einmal ein Motiv für Argwohn: Meine persönlichen Daten? Gebe ich meine beiden Nachnamen an, beide Telefonnummern, beide sexuellen Orientierungen, meine vollständige Adresse? Wer steckt dahinter? Gibt es im Cyberspace einen Gott oder einfach nur Operatoren? Später stellst du fest, dass es eine binäre Schlange gibt, die durch die Computer der Welt kriecht und unsere Eigenartigkeiten in einer riesigen Datenbank vernetzt, aber das ist nichts Persönliches.

Als Kind betrachtete ich das Foto mit Rimbaud in der Mitte. „Ich möchte auch sterben und von mir soll nur ein einziges, schmutziges Bild die Zeit überdauern, das in einem von gelehrten Silberfischchen angefressenen Buch gefunden wird, und so würden mich meine zukünftigen Leser wie ein Heiligenbildchen betrachten.“ Die Ankunft der Digitalkamera beerdigte meine kindlichen und heidnischen Träume. „Zur Erinnerung, zur Erinnerung!“ Und so entstehen 10, 90, 450 Momentaufnahmen, die nicht notwendigerweise historisch sind, aber ich kann die Markierungen entfernen. Ich mache weder das Zeichen für Liebe oder Frieden noch strecke ich die Zunge raus. Du verlierst das Recht über dein Bild, die binäre Schlange hat deinen Schatten gescannt und hat sie auf den Baum der oberflächlichen Kenntnis gehoben. Es ist verwirrend. Meine verschlossenste Freundin ist aktives Mitglied eines BDSM-Forums, ein durch den Zahnarzt betäubtes Kind ein globales Ereignis, so viel entbehrliche Informationen, die dir raten, Dinge an Menschen, die du liebst, weiterzuleiten, um ihre Tage zu erheitern

Wir befinden uns Ende 2010. Die Technologie liegt dem menschlichen Herzen zugrunde, die Landschaft ist ein chrom-grüner Monitor. Wir könnten überall sein, der Jetlag verschwindet mit dem Breitband. Diese Frau kann sich operieren lassen, um wie Brangelina zu strahlen. Es wird bestätigt, dass Woody Allen eine Szene dreißigmal wiederholen musste, in der Carla Bruni lediglich gehen musste; ein Monat später wird die erste französische Dame Hündin genannt, weil sie eine iranische Frau verteidigt, die aufgrund eines Ehebruchs zur Steinigung verurteilt ist. Lady Gaga ist die erfolgreichste Künstlerin des Universums und repräsentiert all jene (uns), die sich immer anormal gefühlt haben. Einer der im Ausland herausragendsten Peruaner, der Fotograf Mario Testino, weiht – begleitet von Kate Moss – in Lima eine Porträtaustellung ein, die unter dem Motto „Wie schwer es sein muss, kein Peruaner zu sein“ steht. Es kommen auch T-Shirts in Mode, auf denen steht: „Wie schwer es sein muss, nicht Testino zu sein.“ Alle sagen, dass die Welt zu Ende geht, aber sie laden weiterhin Archive runter. Es gibt Menschen, die mit einem Link grüßen. Es gibt viele Künstler in Madrid und Berlin. Es gibt eine neapolitanische Tänzerin mit österreichischen Vorfahren, die in Puerto Rico geboren wurde und aus Caracas kommt, dank eines in Paris ansässigen Kubaners. Ein peruanischer Präsident tritt in Japan zurück, und indem er sich auf seine doppelte Staatsbürgerschaft beruft, verzögert er seine Auslieferung um fünf Jahre. Sind das Beispiele für Globalisierung?

Mit dem Breitband verschwindet der Jet, es ist schwierig, im globalen Dorf Geheimnisse zu wahren. Sensationelles Werkzeug, um Kontakt, hervorragende Zusammenarbeit, innige Freundschaften herzustellen. Bis es das Natürlichste auf der Welt ist, sich öffentlich zu beschweren und zu fantasieren, Hausmittel und Dichter zu empfehlen und lautstark zu lieben. Was du tust und die Ideale, die du unterstützt, zu verbreiten. Ich lasse mich durch die Zeiten tragen und bin eine gute virtuelle Staatsbürgerin, jede Nacht leere ich den Spamordner, aber heimlich bewahre ich die Gewissheit, dass mein Bild mir gehört.

Es ist im August 2010, als ich ein absurdes Fanzine bastele, in das ich ein Nacktfoto von mir in niedriger Auflösung einfüge, es zwanzigmal vervielfältige und auf einem lokalen Markt unter die Leute bringe.

Übersetzung: Marcela Knapp

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(unzählbare) Ungelöste Fälle http://superdemokraticos.com/themen/burger/unzahlbare-ungeloste-falle/ http://superdemokraticos.com/themen/burger/unzahlbare-ungeloste-falle/#comments Wed, 08 Sep 2010 15:36:20 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=1675 Nur wenige gehen von den ungelösten sozialen Konflikten aus, wenn sie von der Situation in Peru sprechen. Diese Konflikte sind komplex und werden von denen, die sich an der willkürlichen Verteilung von Reichtum und Macht bereichern, immer wieder aufgeschoben. Während der Präsident triumphal verkündet, dass unser Land trotz der Krise das höchste ökonomische Wachstum der Region beibehält, lesen wir in den Tageszeitungen Berichte über die Regionen, die von diesem „Erfolg“ nicht profitieren, sporadische Notizen über ländliche und verlassene Dörfer in den Anden ohne Licht, in denen sich die extreme Armut konzentriert.

Vergangene Woche wurden die Reste von 25 Schülern, die vor fast 27 Jahren ermordet und in der Ayacucho-Gemeinde von Umasi gefunden wurden, identifiziert. Die Kinder waren vom „Sendero Luminoso“ (Leuchtender Pfad) mit Gewalt aus ihren Häusern geholt worden, um militärisch indoktriniert zu werden. Tage später tötete sie die Armee als Teil der antisubversiven Strategie und begrub sie in Massengräbern. Wie üblich wurden die Mädchen, da es sich um indigene Frauen handelte, die  man des Terrorismus’ in ländlichen Gegenden anklagte, vor ihrer Hinrichtung vergewaltigt.

Heute ist Umasi fast ein Geisterdorf, ohne Grundversorgung und mit einer Bevölkerung, die gezeichnet ist von dem Trauma, ihre Angehörigen und die Möglichkeit eines glücklichen Lebens verloren zu haben, ohne jegliche Reparationen hierfür zu erhalten.

Und es ist wahr, dass am Ende alles zu Staub wird, aber der Staub wirbelt jedes Mal wieder auf, wenn sich die Trümmer und Leichen der Vergangenheit bewegen.

Wie sich nicht als Bürger zweiter Klasse fühlen, eingeschüchtert und diskriminiert, wenn ihre Rechte und Einsprüche nicht beachtet werden, weil ein Großteil von ihnen keinen Zugang zu einem Hochschulstudium hat und Quechua spricht (zweite offizielle und einheimische Sprache Perus) in einer Welt, die auf Spanisch gesteuert oder auf Englisch trainiert wird?

Beispiel hierfür ist der Fall der Parlamentarierin Hilaria Supa, deren kürzliche Benennung zur Präsidentin des Bildungsausschusses im Kongress eine Welle der Entrüstung seitens der erzürnten Kongressmitglieder auslöste (viele von ihnen sind bekannt dafür, dass sie keine makellose Laufbahn vorweisen können und das unterwürfige Gefolge des jeweiligen Regierenden bilden). Sie monierten das fehlende Studium dieser Frau. Sie war in einem kleinen Dorf in der Nähe von Cusco geboren worden und hat sich über Jahrzehnte hinweg für die Entstehung von populären Organisationen, die der Verteidigung der Bauernrechte dienten und andere, die die kindliche Bildung in entfernten Gebieten zum Ziel hatten, eingesetzt. Supa versteht sich als Repräsentantin der Indigenen, jenes weit reichenden Sektors, der in extremster Armut überlebt und auf inklusive Politik wartet.

Während die käufliche Macht einiger wächst, verschärfen sich die sozialen Unterschiede und schüren den Groll und die Kriminalität, die zum verzweifelter Ausweg aus der Misere werden. Daran gewöhnt, die zynische – und fast immer ungestrafte – Korruption der Autoritäten auf jeder Ebene zu beobachten, wird dem Wohl der anderen und dem Gemeinwohl wenig Respekt entgegen gebracht.

Während die Regierenden sich mit was auch immer beschäftigen, steht in Peru eine Auseinandersetzung mit seiner geistigen Gesundheit noch aus. In diesem Umfeld ist unsere Stimme hörbar: Sie verwundet oder heilt, so wie der Respekt und die Rücksicht auf das alltägliche Zusammenleben.

Ich weiß nicht, wie die soziale Realität auf andere wirkt, aber ich empfinde es als unangenehm, mich im Hinblick auf einige kulturelle Szenarien zwiegespalten zu fühlen. Latent unbehaglich fühle ich mich angesichts des Phantasmas der Oligarchie, wenn in Veranstaltungen peruanische Künstler ausstellen, die – ebenso wie die Galerieinhaberin – aus der Oberschicht kommen, weiß sind und ausländische Nachnamen tragen. Ich mag es nicht, mich aus der unergründlichen Mittelschicht heraus punkig zu fühlen, wenn man den entsetzlichen Kameras der Gesellschaftsseiten zu entfliehen versucht, die der Aufrechterhaltung der veränderten Abbildungen der schönen und erfolgreichen Menschen gewidmet sind, deren Antlitz nicht die Mehrheit der Peruaner widerspiegeln.

Glücklicherweise gibt es vielfältigere Szenarien.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Die Buchstaben sind Vitamine http://superdemokraticos.com/themen/burger/generation-der-spontaneitat-honigspirale/ http://superdemokraticos.com/themen/burger/generation-der-spontaneitat-honigspirale/#comments Thu, 26 Aug 2010 06:55:18 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=1119 „Es ist nicht notwendig zu leben,
es ist notwendig zu schöpfen.“
Alexander Search

Das Frühstück könnte sich ewig wiederholen: Obststücke mit Müsli und Naturjoghurt mit einer Honigspirale. Nach dem Zähneputzen und ein paar Ritualen tun, was du tun musst (oder was du tust, wenn es nichts zu tun gibt): Die Schöpfung, die sich auf deinem Tisch räkelt und ausruht, bittet um ihre Vollendung; die einzige Lektion Gottes, bei der wir aufmerksam waren, selbstverständlich, der Anfang. Den Blick erheben, die Taille beugen und ein wenig den Rückspiegel verstellen, den verborgenen Haiku in den Trümmern erahnen, wie jemand, der den Horizont des Fieber zeigenden Quecksilbers sucht. Die Magie grüßen, die beim Öffnen der Augen und beim Sehen des reflektierenden Lichts entsteht.

Die Schöpfung ist der Engel, der mir die Zähne bleicht, die Poesie ist eine Verwandlung von Energie, von Reizen und Information. Ähnlich wie im Fall des Herrn Search, wäre meine Existenz ohne sie undenkbar. Sie bestimmt, wer ich bin, sie verschafft mir Arbeit, stellt mir Freunde vor und bewahrt mir meine geistige Gesundheit. Angesichts solcher Großzügigkeit liegt es an mir, das Entkommen zu moderieren und mich am Licht festzuhalten, wenn um mich herum dekadente Wirbel aus Trugbildern umherpeitschen und kolossale Abscheulichkeiten wie Transformers 2 hinter sich herschleifen. Der Weltraumschrott schmerzt mich. Ich bevorzuge es, durch die Sonne zu erkranken, und diese Idee werde ich gewaltlos verbreiten, den Rest werden wir durch Zugaben erreichen (ich drücke die Daumen).

(Ich lasse die Daumen los) Wenn sich Ideen verwirklichen, sättigt sich die Begierde, an der Entdeckung einer neuen Welt teilzunehmen, Luftschlösser zu bauen, die zwischen dem Smogimperium und den ungewissen Parfums navigieren, bis sie sich in deinem Haar verwickeln, die Welt in 80 Versen zu umrunden und hier zu bleiben und hier zu bleiben von selbst.

Heimlich nehme ich den Auftrag an, das Gesicht des Lesers mit einer inneren Grimasse zu schmücken, die mit dem Rausch der ersten Liebe wetteifert.

Ich glaube an die Generation der Spontaneität, der Traum dauert an; und weil ich träume, beziehe ich mich nicht auf etwas Unmögliches, sondern auf etwas Waches.

Da wir heute Webseiten sind, die sich jede Sekunde aktualisieren, ist es eine Erleichterung für die Seele festzustellen, dass wir so viel zu sagen haben. Seit wir uns konsumieren, sind wir uns darüber einig, uns als angereichert und nahrhaft zu präsentieren. Die Buchstaben sind Vitamine. Das A verbessert die Nachtsicht und beugt der Zellalterung vor, das B garantiert die Funktionsfähigkeit des Nervensystems, das C ist ein Antioxidationsmittel und so weiter. Die Vitamine sind Buchstaben. Sie alle sind hier in diesem Text vorhanden. Die Straßen sind aus Ideen bestehende Regengüsse. Sie sind keine Werbeanzeigen, sie sind keine verbrauchten Strecken, sie sind keine kommerziellen Strecken, die Realität gehört uns. Die Realität ist eine Gratisprobe. Ich bin dort mit meinen besten Freunden und verfolge die Verkosterinnen. Diese Gruppe von Jungs ist so wichtig für mich wie die Delikatesse, mit der ich mich heute beschäftige, aber sie billigten diese Wahl. Wir teilen die kreativen Prozesse in romantischen Nonsens-Sitzungen miteinander, und es bewegt mich, ihre Geschichten und Gedichte zu lesen, ihre Filme und Zeichnungen zu betrachten, ihre ersten Alben zu hören, ihre Gesichter des Wahnsinns zu sehen, die über die Nacht lachen.

Wenn du eine Welt und eine Sprache erschaffen hast, und herausfinden musst, ob die Nachricht von Fremden verstanden werden kann, wohl wissend, dass – aufgrund bestimmter vorgefasster Meinungen – wir nicht alle Wahrsager sind und uns gegenseitig aus der Hand lesen, tritt die unschätzbare Figur des Bruders auf, der dir sagt, wie gewöhnlich dein Bewusstsein ist.

Eine andere Strategie, die ich empfehlen würde, um etwas mit anderen zu teilen, ist, wie eine Verrückte tage- und monatelang zu laufen, auf der Straße Menschen anzuhalten und sie zu fragen, wie man an einen imaginären Ort gelangt, nur um ihn ihnen zu zeigen.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Unfertige Ode an die Atmung http://superdemokraticos.com/themen/koerper/unfertige-ode-an-die-atmung/ http://superdemokraticos.com/themen/koerper/unfertige-ode-an-die-atmung/#comments Wed, 11 Aug 2010 14:52:02 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=641 Gegen 3 Uhr nachmittags rief mich ein Körper an, und ich konnte nicht offen reden, weil andere Menschen im Raum waren und es ein Körper war, den ich lange nicht gesehen hatte.

Ich lernte ihn an einem Sommertag, über Kopf hängend, kennen. Nach einem ungeschickten Versuch, eine Pirouette auf einem Geländer zu drehen, verwickelte ich mich in die Metallstangen, ohne zu wissen, wie ich mich unblamiert daraus befreien sollte. In diesem Moment erschien ein gebräunter und athletischer Körper, der sich über meine Situation amüsierte. „Was ist, Kleine? Kann ich dir helfen?“ Hehe, dachte ich, gerne, rette mein Leben, schnell! Er holte mich von dieser tödlichen Falle herunter, die von der Stadtverwaltung aufgestellt worden war, und bald waren wir beide auf der Erde und schauten uns an. Dass ich hier in der Nähe wohne, spazieren ging und dabei idiotisch mit der Umgebung interagierte. Dass er hierher kam, um am Reck zu trainieren und dabei auf’s Meer zu schauen, weil es hierfür ein ausgezeichneter Ort ist. Und so verabredeten wir uns für einen anderen, von der Hitze glühenden Tag am Malecón (ein von Parks und Grünflächen gesäumter Uferweg in Lima, Anm. d. Ü.): Er kommt mit seinem Körper, und ich überwinde meine Zweifel und bringe den meinen. Wir unterhalten uns auf einer Bank und er küsst mich, die Bewässerungsanlagen des Parks springen an und wir möchten uns abkühlen. Er nähert sich und steckt den Kopf hinein wie ein junger Hund, der auf ein Daunenkissen losgeht. Ich gehe schüchterner darauf zu und ein paar Tropfen treffen mich im Gesicht. Der Körper umarmt mich und schubst mich zum Wasserstrahl, unter Gelächter machen wir uns gegenseitig nass. Was, zum Teufel, ist das? Die Menschen schauen uns an, es ist ein Softporno, ein Video von Chris Isaak oder Britney am Strand. Es fehlt nur die Musik! Auch ihm fällt es auf. Ja, bei mir zu Hause gibt es Musik, was für ein Zufall. Wir betreten es und mein Zimmer ist die Karibik, der Körper ist pure, transpirierende Kraft. Die Atmung ist unser Gott. Atmen ist das Laster des Selbst, niemand kann es stoppen, es fühlt sich so gut an zu leben. Es ist ständiges Training. Atme. Du fühlst die Luft, die alle Organe überwacht, die dem Hirn Rosen schenkt und dem Herzen schmeichelt. Du wirst dir deiner rechten Hand bewusst, deine Fingerkuppen berühren die Maus, die beglückt ist, von deinen prachtvollen Fingern berührt zu werden. Dein Rücken könnte gerader sein, es ist dein Zentrum und dein Zepter. Atme erneut. Jetzt mach alleine weiter, ich muss gehen.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Sagmirwasdufühlstismus http://superdemokraticos.com/themen/koerper/sagmirwasdufuhlstismus/ http://superdemokraticos.com/themen/koerper/sagmirwasdufuhlstismus/#comments Mon, 26 Jul 2010 18:44:50 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=528 „Da wir glauben, Fragen der Sexualität seien Privatangelegenheiten, hören wir auf, sie in ihrer sozialen und politischen Dimension wahrzunehmen.“ G. Louro

Im Fernsehen verschlingt ein Junge, der Bastian heißt, ein Buch. Sein Gesicht trägt den verstörten Ausdruck eines Abenteurers, der sich in der Wüste verlaufen hat und dem nur noch wenige Seiten in der Feldflasche verblieben sind, der junge Held bedeckt seinen Rücken mit einer Decke, weil die Welt der Fantasie durch das Dach verschwindet, durch das Nichts verwüstet wird und… Werbepause.

Ich erkenne meinen Körper, putze mir freiwillig die Zähne, schlafe alleine, ohne Angst zu haben, ahme die Sänger im Radio nach, wenn niemand da ist, ich durchlebe eine Phase zwanghaften Lügens und Stehlens, entwickle meine persönliche Vorstellung von Gut und Böse. Entscheidende Augenblicke für die Herausbildung der ersten Intimität: der eigenen. Jede Person müsste über solch eine Umgebung verfügen und sie nach Belieben schmücken dürfen, um anschließend Besuch empfangen und sich noch später ein erfülltes, gesundes und geteiltes Heim einrichten zu können. Nachdem der Mensch den infantilen Solipsismus überwunden hat, erreicht er – paradoxerweise – während der Pubertät den Lebensabschnitt „Nur du existierst“.

Meine liebsten Tischgespräche mit jemandem, den ich soeben erst kennen gelernt habe, handeln von der Intimität. „Erzähl mir ein Geheimnis, etwas, von dem ich nicht weiß, und reißen wir ohne lange Vorreden dieses von der Gesellschaft gesäte Kraftfeld ein. Etwas, das du noch nie jemandem erzählt hast, sprich über dein erstes oder dein letztes Mal, von deinen immer wiederkehrenden Träumen. Beichte mir, ob du dich einsam oder elend fühlst, ich werde nicht flüchten. Verkünde, dass du ein glücklicher Mann bist und keine Hemden trägst, das muss gesagt werden.“

Der „Sagwasdufühlstismus“, eine polemische Bewegung, die mir Freude und Gemeinschaft einbrachte, wie auch Unverständnis und ungemütliche (lustige) Situationen, die so weit gingen, dass ich mich eines bestimmten Tages betreten beklagte: „Wenn mir jedes Mal ein Dollar gegeben würde, weil ich alles sage, was ich fühle, würde ich mich in diesem Moment vielleicht besser fühlen.“ Guacira Louro sagt hierzu: „Die Fragen, die Fantasien, die Zweifel und das Experimentieren mit der Lust werden ins Geheime und Private verwiesen. Wir erlernen die Scham und die Schuld, experimentieren mit Zensur und Kontrolle durch die multiplen disziplinierenden Strategien.“

Über Jahrhunderte hinweg mussten Frauen „Anstand wahren“, und bis heute schüchtert es das puritanische Subjekt ein, wenn eine Dame offen über ihr Sexualleben spricht. Das erinnert mich an das wunderschöne Lied von Chabuca Granda „Cardo o ceniza“ (Distel oder Asche), in dem die Dichterin die außergewöhnliche Episode einer passionierten Hingabe schildert und in der letzten Strophe, beschämt von der vollständigen Hemmungslosigkeit der vorangegangenen Nacht, neben ihrem Geliebten aufwacht.

Wenn ich dichte und jemandem, der mir nahe steht, die Gedichte zeige, und später, wenn ich sie veröffentliche, wenn ich sie lese, finde ich die eindringliche Intimität in der Poesie. Indem wir mit der Logik und Sensibilität des Künstlers fließen, folgen wir dem Labyrinth, das er in einem magischen und einsamen Moment zeichnete.

Die Mittäterschaft, in der man sich desselben Deliktes unschuldig weiß, bringt einsame Kenner eines schlechten Witzes, einzige Gäste eines verwunschenen Hotels hervor. Es weiche das magnetische Feld, öffnen wir die Türe. Geheimnisse ohne Beichtstuhl.

Der Intimismus wird zu einem Ismus des Gleichen: einen Teller Essen, den Dessertlöffel, die Keime, das Bett miteinander teilen, den Arm ausreißen, der den Arm, der verschwindet, lähmt.

Schon immer wollte ich mein Bankgeheimnis lüften, damit ihr und ich intim sein können, ohne Angst davor zu haben, auf das glamouröse Tuch des Geheimnisses zu verzichten, das mich wie ein aus Gefühlen bestehender Schleier der Frauen Limas schmückt, da das Geheimnis über vielfältige Instanzen und ein eigenes Ministerium im Inneren verfügt. Viele Aspekte müssen übereinstimmen, bevor darüber entschieden wird, dass es sich in eine Party für zwei verwandelt. Nicht jede macht einen Ausflug zu sich selber, und noch seltener wird man regelmäßig zu einem Reisenden, wenn ich mir schließlich die Tätowierung von der Stirn entferne, die besagt: „Liebe den wilden Schwan“ („Ama al cisne salvaje“, Gedicht von Luis Rogelio Nogueras, Anm.d.Übers.), und ich verstehe das durchsichtige Kostüm als ausgepacktes Geschenk, das vor den Augen des riesigen Kindes erstrahlt.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Möchten Sie die Änderungen speichern? http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/mochten-sie-die-anderungen-speichern/ http://superdemokraticos.com/themen/geschichte/mochten-sie-die-anderungen-speichern/#comments Wed, 14 Jul 2010 07:39:50 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=451 Jemand schrieb einmal, dass Gott den Menschen erschaffen habe, damit er Geschichten erfindet. Und in logischer Konsequenz war Gott der Protagonist der ersten Geschichte, die der Mensch entwarf: die Schöpfung der Welt. Wie Ortega y Gasset sagte: Die Geschichte versucht nicht zu erklären, sondern zu verstehen. Sie muss erzählt und miteinander geteilt werden, um zu existieren. Ohne dies vergeht das Leben wie eine langsame karge atemberaubende regnerische anstrengende bezaubernde und belanglose Landschaft auf einer Busreise durch die Provinzen. Wir hätten nichts weiter zu feiern als die Gegenwart selbst. Es gäbe weder Feiertage noch Geburtstage, weder Lieder, die uns deshalb zum Weinen bringen, weil sich zu erinnern bedeutet, Ereignisse erneut zu erleben, noch würde ein Mann 200 Hot Dogs in 10 Minuten essen, um ins Guiness-Buch der Rekorde zu kommen. Insofern kann man sagen, dass die Geschichte der Welt ebenso wichtig ist wie ihre Erzählung. Alle, die wir die Gabe der Erinnerung haben, sind ihre Träger seit wir, sei es aus strenger Berufung oder punkigem Widerstand heraus, Teil einer Nation, eines Traums oder Erzählung sind. Und es ist ratsam, sie verantwortungsbewusst, präzise und unterhaltsam weiterzugeben. Eben dies ist eine der Missionen der Superdemokraten.

Vergessen Sie nicht, dass wir sie beeinflussen können; das universelle Dokument ist geöffnet, verändern Sie es (zum Besseren) und speichern Sie die Änderungen.

Das heißt, dass sich die Geschichte aus Millionen und Abermillionen Geschichten zusammensetzt, die sich in einem konstanten Fluss befinden und es wäre fabelhaft demokratisch, wenn jeder Bürger sein Tagebuch oder sein Evangelium aufschreiben würde, um hierdurch zur Erzählung der Gesellschaft beizutragen, so wie auch unsere Steuern zusammen ein Ganzes ergeben.

Auf der anderen Seite haben wir, die Schriftsteller, Komiker und Dichter, das Recht, uns die Geschichte anzueignen und sie neu zu interpretieren. Wir dürfen die Wirklichkeit wie ein populäres und außergewöhnliches Lied verstehen, das wir covern und es damit noch übertreffen. Andere dürfen das nicht und sie wissen selber, wer sie sind.

Das alles ist wichtig für mich, weil ich ein ganz gewöhnliches, lästiges Mädchen war, das immer nach allem fragte: Wie? Wo? Warum? Wann? Und warum nicht? Heute ist es noch immer so, aber es findet hauptsächlich in meinem Kopf statt.

Übersetzung: Marcela Knapp

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Unsichtbare Götter http://superdemokraticos.com/laender/peru/unsichtbare-gotter/ http://superdemokraticos.com/laender/peru/unsichtbare-gotter/#comments Tue, 29 Jun 2010 07:22:24 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=331 (Geschichte ist, wie auch die Vergangenheit, ein vages Konzept; die Geschichte verfolgt die Gegenwart und manchmal erreicht sie sie, um sich in einem leidenschaftlichen Kuss oder einem Kampf, in dem alles erlaubt ist, zu vereinigen.)

Mit der Universalgeschichte und der peruanischen Geschichte kam ich erstmals während der Grundschulzeit in Kontakt. Ich erinnere mich an kein einziges Datum einer Schlacht, aber wohl an die Korridore im Nationalmuseum, wo wir uns Huacos (feine Keramikgegenstände), zeremonielle Becher, Webstühle aus der Kultur Paracas (eine präkolumbische Kultur), das Tumi de Oro (zeremonielles Goldmesser einer präkolumbischen Kultur) anschauten. Wo wir die Lebensart prähispanischer Zivilisationen untersuchten, ohne sie zu berühren oder uns anzulehnen. Besonders gern erinnere ich mich an die leer stehende Etage, die verlassenen Ausstellungsräume, wo mein Schulfreund und ich uns so viele Küsse gaben, unterbrochen allein durch die Schritte vorbeigehender Restauratoren und Museumsangestellten.

In Folge der Veröffentlichung des Berichts der Wahrheits- und Versöhnungskommission wurde kürzlich der Bau eines Museums der Erinnerung beschlossen, um den Tausenden von Verschwundenen aus der Zeit der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Guerilla „Sendero Luminoso“ (Leuchtender Pfad) und dem Militär – und der Bevölkerung zwischen den Fronten – zu gedenken. Viele leisten heute Widerstand gegen das Museum und versichern, es sei besser, wenn wir einfach alles hinter uns lassen.

Ich misstraue nicht den Tatsachen, sondern den Worten, den Absichten, den Interessen, einigen Botschaften an die Nation. Da ich aber die Medien, die über Tatsachen berichten, in Frage stelle, folgt daraus, dass ich mir im Endeffekt fast nichts sicher bin. Heute empfinde ich es eher so, dass wir die Geschichte in eben diesem Augenblick machen. Ich zweifle nicht an den unvergleichlichen Chroniken des Indigenen Guamán Poma de Ayala, dessen Illustrationen bis heute die bildenden Künstler Perus inspirieren und auf eine Sammlung von Zeugnissen zurückgehen, die von der Pracht und dem blutigen Niedergang des Inkareichs berichten. Ich zweifle nicht an der dramatischen Szene, in der ein Geistlicher mit der Bibel in der Hand den Inka-Herrscher Atahualpa dazu drängt, sich im Namen Gottes zu ergeben, woraufhin der Inka den Gegenstand begutachtet und zu Boden wirft, da er ihn für unnütz hält – ein Akt, der den Zorn der Spanier entzündet, die sodann ihre Pferde antreiben und das Feuer auf den Feind eröffnen. Atahualpa wird gefangen genommen. Er füllt einen Raum bis zur Decke mit Gold, um seine Freiheit zu erkaufen. Die spanischen Eroberer aber teilen den Reichtum unter sich auf und richten Atahualpa dennoch hin.

Ich habe das Haus des Lösegeldes in Cajamarca besucht, das so leer ist, dass es strahlt wie kein anderes. Die Götter Perus waren sichtbar: die Mutter Erde, die Sonne, die Berge, der Regen; und die Kultur des Landes war eine orale. Auch heute noch wird in ländlichen Gebieten der Natur Tribut gezollt, die uns ernährt und die sich großzügig und fruchtbar erweisen wird, wenn wir sie respektieren. Die „moderne Welt“ wird sich der Vernunft dieser schlichten Vereinbarung erst langsam bewusst, zu einem Zeitpunkt, in dem die Folgen der Unvernunft bereits nicht wieder gutzumachen sind, während die indigene Bevölkerung bedroht und systematisch missachtet wird, indem die Regierung das von ihnen bewohnte Land privatisiert und an Öl- und Holzunternehmen verkauft, ohne die Bevölkerung zu konsultieren oder zu berücksichtigen.

Verbitterung entsteht aus der langen Geschichte kriegerischer (und fußballerischer) Niederlagen. Jene Älteren, die versichern, die wahre Geschichte, die in keinem Schulbuch steht, zu kennen, werfen uns vor, wir seien immer sehr naiv und ungeschickt gewesen. Andererseits ist das ruhmreiche Imperium der Inkas wie auch die wunderbaren prähispanischen Bauten Anlass zum Stolz. Einige unter ihnen weisen ein solch hohes Niveau der Baukunst auf, dass eine Gruppe begeisterter Wissenschaftler ihre Entstehung Außerirdischen zuspricht.

Aber aus den eigenen Erlebnissen habe ich am meisten gelernt: In den 90er und 00er Jahren, als die Kämpfe sich auf meiner Straße und auf meinem Fernseher abspielten, und ich vor die Entscheidung gestellt war, an ihnen teilzunehmen oder nicht.

Ich lernte, dass der Betrug und die Korruption der politischen Klasse Verdruss und Gleichgültigkeit in der Bevölkerung auslösen. Dass die Medien, Unternehmer, Kongressteilnehmer usw. sich in Versammlungen dem Meistbietenden verkaufen. Diese Versammlungen wurden während der Regentschaft Alberto Fujimoris auf selbstgemachten Videos, genannt Vladivideos, aufgezeichnet, die bis heute unter Interessierten auf dem schwärzesten aller Märkte zirkulieren. Ich lernte, dass das Volk den Diktator wiederwählte, der eine Gruppe Paramilitärs unterstützt hatte, welche sich als Nachrichtendienst tarnte und der dreist das nationale Erbe stahl. Er wurde wiedergewählt, weil er „standfest war und Taten sehen ließ“. Ich stelle das moralische System des Großteils der Wähler in Frage sowie die Fluchthaltung von uns Jugendlichen, die wir in Ermangelung an Alternativen an den Tag legen bis wir vielleicht mit ein wenig Glück eines Tages bereit sein werden, größere und wichtigere Ideale zu verfolgen.

Maxi ist eine Frau, die fast 15 Jahre lang bei uns Zuhause im Haushalt arbeitete. Sie lehrte mich, in Quechua zu singen, sie spielte Gitarre und litt unter furchtbarer Schlaflosigkeit, die schlimmer war als meine eigene. Als ich sie kennen lernte, muss sie ungefähr 16 Jahre alt gewesen sein, ich etwa 6. Sie sagt immer, dass ich mir die Hose falsch herum anzog, ich bezweifle auch das. Die jugendliche Maxi war auf der Flucht vor dem Terrorismus nach Lima gekommen. Sie kam aus Ayacucho, der Wiege des „Sendero Luminoso“ und ohne Zweifel die Zone, die am meisten unter der Gewalt dieser Organisation litt, aber auch unter den Militärs, die die Bevölkerung ohne stichfeste Beweise anklagten, verhafteten und ermordeten. Als Kind erlebte Maxi schreckliche Dinge und sie hatte schmerzhafte und wiederkehrende Alpträume. Nachts studierte sie Journalismus und nach ihrem Studienabschluss hörte sie auf, als Hausmädchen zu arbeiten. Hin und wieder kehrte sie nach Ayacucho zurück, um ihre Mutter zu pflegen, eingeschüchtert durch den Mörder ihres Vater, der sie verfolgte und bedrohte. Maxi kennt ihre Rechte und sie hatte den Mut, den Mörder ausfindig zu machen und anzuzeigen, aber der Prozess war nicht erfolgreich. Jetzt arbeitet sie im Urwald für ein Radioprogramm. Es wird von einer Organisation produziert, die die Koka-Bauern zu einer Umorientierung bewegen möchte. Diesmal ist es der organisierte Drogenhandel, von dem sie bedroht wird.

Das letzte Mal sah ich sie bei einem Konzert. Begleitet von einem legendären Geiger, unterhielt sie gemeinsam mit ein paar anderen Frauen das Publikum mit Musik aus den Anden. Ihre Interpretation von vier Themen war sehr eindringlich, ihre Stimme transportierte große Gefühle, sie schloß die Augen und wog sich im Rhythmus sanft hin und her. Sie ist die einzige Sängerin, die mich zu Tränen rührt, und wenn sie mich weinen sieht, lacht sie und umarmt mich.

 

Übersetzung: Marcela Knapp

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Als Kind wollte ich Detektivin werden http://superdemokraticos.com/poetologie/als-kind-wollte-ich-detektivin-werden/ Mon, 14 Jun 2010 21:13:47 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=260 Mein Papa wuchs auf dem Land auf, im Fluss schwimmend, sein Vater war Japaner und seine Mutter aus Ancash. Seine Eltern verstarben, als er pubertierte und er ging nach Lima zum Studieren. Er war Anführer der revolutionären Avantgarde an der Hauptnationaluniversität San Marcos als er meine Mama kennenlernte, eine junge Frau aus Lima, mit sehr katholischen Eltern, später Ministerin für Frauen und Soziales, ebenfalls Studentin der Soziologie. Sie verliebten sich, heirateten nicht, meine Großmutter war verärgert, erst kam meine ältere Schwester, dann ich auf die Welt. Meine ältere Schwester ist bildende Künstlerin und hat ein Bekleidungsgeschäft, die jüngere beendet gerade die Schule. Ich schreibe, widme mich der Fotografie, Videos und zeichne Comics. Meine erste Erinnerung gilt einer Kopfwunde, die ich mir im Alter von drei Jahren zuzog, während ich spielte, ich sei eine feine Dame. Das Bild verschwimmt hinter einem roten Filter, die Geschichte schließt mit acht Stichen. Später, frühe sexuelle Experimente mit Jungen und Mädchen, auch einer kleinen Nachbarin, deren Eltern sich als Kollaborateure der MRTA (eine terroristische Organisation, die in den 1980ern Anschläge und Morde verübte) erwiesen, sie druckten im Haus meiner Freundin Propaganda und sie verschwand bald aus der Nachbarschaft. Als Kind wollte ich Detektivin, Rockstar und Rucksacktouristin werden. Ich war Klassenbeste, bis ich und die Poesie aufeinander trafen, die Schlaflosigkeit mich umhüllte, und ich in die unterirdische Rockszene eindrang; von da an war ich Zweitbeste. In meiner Jugend nächtliche Arbeiterin ohne Lohn, entwickelte ich ausgeprägte Augenringe und eine Vorliebe für die Lektüre als heimliche Bühne der Enthüllungen, die die Voltzahlen meiner Synapsen transformierte bis ich mich in die beliebte Autistin verwandelte, die ich heute bin. Ich habe immer in Lima gelebt, in drei Bezirken, drei Häusern und einem Appartement. Als wahre Dichterin habe ich von allem ein bisschen gemacht: Ich habe in einem Bekleidungsgeschäft verkauft (ja, dem meiner Schwester), in einem Buchladen, ich habe in Casting-Agenturen die Kamera bedient (Lächeln, Profil, anderes Profil, erneutes Lächeln, es ist schon länger her, dass sie nicht mehr ernsthaft an den Tod gedacht hat), Audio-Interviews transkribiert, Texte korrigiert und endlich geschrieben (ich würde Gott dafür danken, aber ich glaube nicht an ihn, zudem lese den folgenden Satz). Im jetzigen Lebensabschnitt bin ich wählerischer, ich habe keine Arbeit. Zumindest keine feste. Bis vor kurzem schrieb ich eine Kolumne im Kulturteil einer Tageszeitung, bedauerlicherweise tauschten sie sie gegen Beiträge aus dem Marvel-Universum ein. Ich studierte Filmregie und Fotografie, habe Kurzfilme gedreht und spielte die Hauptrolle in einem Film, der dieses Jahr im Juli Premiere hat. Mit 16 Jahren lernte ich durch Zufall den Herausgeber meiner zwei Bücher kennen, wenn er denn existiert (der Herausgeber). Er fragte mich, ob ich schreibe, möglicherweise weil ich nichts sagte, ich war schüchtern damals. Ein Beispiel der Geduld und Loyalität, wartete er mehrere Jahre bis ich ihm zusagte und wir machten uns an die Arbeit. Mein erster Gedichtband „Mi niña veneno en el jardín de las baladas del recuerdo“ (Mein Mädchen Gift im Garten der Balladen der Erinnerung) wurde ein Erfolg, dunkel, jugendlich und mit einem entzückenden rosafarbenen Pop-Design wollten alle Mädchen eins haben. Ich musste es in Lima und Argentinien vorstellen und ich war beklemmt, terrorisiert und verängstigt. Soziale Phobie! Es überrascht mich, dass sie mich nicht schon vorher befallen hat…Mit dem zweiten Lyrikband „Indivisible“ (Unteilbar, 2007) hatte ich die Furcht vor dem Publikum überwunden, seitdem stelle ich es mir nackt vor. Zur Zeit bin ich damit beschäftigt eine Rock‘n Roll-Dada-Performance zu erarbeiten, in der ich am Ende ein Gedicht gegen den Boden schlagen werde, bis es zerbricht. Ich mache auch Musik und singe, während ich mit meinem mir ergebenen Fahrrad Lizzi McBici durch die Stadt fahre.

Ich habe bis heute keinem Kollektiv oder politischen Organisation angehört, ich diene dem Widerstand mit meiner Unabhängigkeit (auch wenn ich einen liebevollen Freundeskreis habe, der eine Familie und ein Mikroklima darstellt). Ich bedaure und bemitleide die Kultur, die sich in großem Umfang uniformiert, simplifiziert, einwickelt und verkauft; sie verliert an Tiefe und kritischen Fähigkeiten. Ich bin damit einverstanden, dass wir Jugendlichen die Quelle alternativer und erneuerbarer Energien sind, aber ich glaube, dass wir uns alle jung halten müssen, womit ich meine, dass wir uns mit Eindrücken und Ausdrucksmöglichkeiten füllen müssen, um das Leben zu verkörpern.

Ich war tatsächlich einige Zeit Rucksacktouristin. Nach Ende der Schulzeit reiste ich alleine, lesend und schreibend, durch einige Länder Südamerikas. Ich tat so, als ob ich niemanden mehr auf der Welt habe oder einen Ort zum Schlafen oder etwas zu Essen. Ich vertraute mich Fremden, dem Zufall und billigem Likör an. Ich lernte, dass was den großen Unternehmen gestohlen wird, die kleinen Angestellten bezahlen, dass nichts wichtig ist, nichts real und ich lernte alle Forderungen, die notwendig sind, um sich mit dem Fallschirm aus einem Schiff aus dem Inneren der liebenswürdigen familiären Realität zu werfen und ein Studium zu absolvieren (ich teile etwas sehr Privates mit Ihnen, lesen Sie nicht mit lauter Stimme!). Das letzte Ziel jenes Abenteuers war Kuba, weil ich beweisen wollte, dass ich in meinem vergangenen Leben eine schwarze Kubanerin gewesen war, und es ist wahr, ich kannte alle Straßen. Dasselbe kann ich nicht über Lima sagen, das in einer atemberaubenden Geschwindigkeit gewachsen ist.

Irgendwie wird es besser. Früher ging niemand in die Innenstadt, weil sie schmutzig und gefährlich war, heute ist sie historisch und touristisch. Eine Welle nationalen Stolzes hat die Produktion und den Konsum nationaler Produkte in Bewegung gesetzt. Die Menschen sind besessen vom Essen, die gastronomische Kultur ist die einzige, die die Regierung bedenkenlos fördert. Ich freue mich darüber, wie Ismael Rivera singt, ich tanze gerne und verehre die Sonne. Ich versuchte, unsichtbar zu sein und wurde durchsichtig, mein Herz spricht, aber es kann keinen Kaffee trinken. Ich schätze mich glücklich in einem anregenden und toleranten Umfeld aufgewachsen zu sein und kreative und feinfühlige Menschen um mich zu haben, ich schätze mich glücklich für die Gaben, die Magie, die unbegrenzte und psychoaktive Liebe.

Ich heiße Tilsa Otta Vildoso und bin 27 Jahre alt, aber auf meinen Gedichtbänden steht nur Tilsa.

Übersetzung: Marcela Knapp

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